Weg mit Merkel!
Nach der NRW-Wahl
Walter Grobe, 10.5.2010
Das Wahlergebnis ist eine Wieder-Ermutigung von SPD und Grünen, zwei Parteien, die schon 2005 in NRW und bei der Bundestagswahl zurecht abgestraft worden waren und dann auch 2009 bei der Bundestagswahl konsequent wieder Rückschläge hatten hinnehmen müssen.
Es ist kein Geheimnis, daß bereits 2005 es vor allem Merkel und ihre Riege in der CDU waren, die der SPD den eigentlich fälligen Absturz erspart und sie durch eine Große Koalition regelrecht gerettet haben – in unerwartetem Widerspruch zu der Politik, die zuvor von der CDU und Merkel selbst zu Wahlkampfzwecken angedeutet worden war und ihr Punkte gebracht hatte.
Angesichts der Ergebnisse von NRW muß die Frage erneut aufgeworfen werden, welchen Anteil Merkel und ihre Leute wiederum an einem Ergebnis haben, das der eigenen Partei offensichtlich das Wasser abgräbt.
Im Wahlkampf 2005 führte die CDU anfangs zu ihren Gunsten an, daß sie keine so radikale Politik der Kernenergieverweigerung und der Anbindung an ausländische Energielieferanten (bspw. Russland) führen wolle wie SPD und Grüne zuvor; daß sie eine gründliche Reform des Steuerwesens anstrebe, die letztlich zur Erleichterung der Steuerlast für die große Mehrheit führen würde (Kirchhof). Von diesen Versprechungen blieb schon in der Endphase des Wahlkampfs kaum etwas übrig, man mußte schon verstärkt nach wirklichen Unterschieden zu SPD forschen, und in der Großen Koalition wurde im Grunde die Politik der Schröder-Fischer-Regierung in diesen Punkten fortgesetzt, statt sie zu ändern. Das Duo Merkel-Gabriel blockierte jede Änderung und trieb im weiteren die Fehlinformation der Bevölkerung über die sog. erneuerbaren Energien und den sog. Klimawandel auf die Spitze.
2009 war aber auch die Große Koalition als Konservierung der stockreaktionären Energie- und Steuerpolitik, auch als Konservierung der SPD verbraucht. Sie wurde durch eine Koalition mit der FDP ersetzt. Ein wesentlicher Grund des relativen Wahlerfolgs dieser neuen Koalition waren erneute Versprechungen auf Steuersenkungen und –reformen, diesmal hauptsächlich von der FDP getragen. Außerdem gab es Andeutungen, daß wenigstens die unsinnigen Bald-Abschaltungen von Kernkraftwerken hinausgeschoben werden könnten. Das hat nur wenige Monate gehalten, und jetzt weisen anläßlich der Wahl in NRW wieder Spuren darauf hin, daß die Merkel-Richtung in der CDU solche politischen Veränderungen, die in dieser Koalition eigentlich möglich wären und von ihr versprochen wurden, im Grunde nicht will und über ein Ergebnis wie jetzt in NRW gar nicht so unfroh ist.
Wie es gewisse Kommentatoren der „FAZ“ in diesen Tagen anzudeuten wußten: daß solche CDU-FDP-Landesregierungen wie die in NRW der Berliner Merkel-Zentrale leicht zu selbständig werden können und daher in entscheidenden Wahlkämpfen wenig Unterstützung erhalten; daß mit der Absage an die von der FDP, aber auch Kräften in CDU und CSU geforderten Steuersenkungen Merkel im Grunde von schwarz-gelb weg und wieder bei schwarz-rot sei.
Steuersenkungen jetzt nicht möglich ?
Die Steuersenkungen werden von ihren Gegnern wie auch Merkel mit dem Argument bekämpft, daß die sog. Haushaltskonsolidierung absoluten Vorrang habe. In Zeiten extrem knapper Kassen seien Steuersenkungen völlig unmöglich. Dieses haushälterisch-vernünftig erscheinende Argument ist der reine Hohn auf die Realität. Den Banken, die mit betrügerischen und kriminellen Machenschaften die unmittelbaren Mitverursacher einer Finanzkrise sind, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat, werden von dieser Regierung locker viele Hunderte von Milliarden an Steuergeldern hintenreingeschoben, abgesehen von den Unsummen, die sie aufgrund der bisherigen Staatsverschuldung schon längst kassiert haben. Wenn dann aber bestimmte Politiker wenigstens ein paar Milliarden an Steuersenkungen fordern, einen kleinen Bruchteil der Mittel für die Banken, und wenn dies in bescheidenem Maß wenigstens kurzfristig der arbeitenden Bevölkerung einen kleinen Ausgleich bieten soll, dann heißt es. „Gipfel der Unvernunft“, „geht garnicht“ etc.
Hier stehen die Dinge wirklich auf dem Kopf. Eine massive Verschuldung ganzer Generationen, eine Verpfändung der wirtschaftlichen Leistung von –zig Millionen Menschen an die Ackermänner, Goldmänner und ihre Spekulatenriegen heißt in diesem Lande tatsächlich „Haushaltskonsolidierung“. Einen größeren Widersinn kann niemand erfinden. Die Staatshaushalte Deutschlands (wie auch der meisten anderen kapitalistischen Länder, allen voran die der USA und Großbritanniens) sind dermaßen überschuldet, daß sie überhaupt nicht mehr konsolidiert werden können. Selbst wenn die arbeitende Bevölkerung 70% ihrer Einkommen an die Staatskassen abdrücken würde, wenn sie nicht nur noch mehr auf Nachwuchs verzichten müßte und sogar wortwörtlich ihre Kinder verkaufte, um die Steuern zahlen zu können, käme dabei keine „Konsolidierung“ heraus, sondern nur noch gierigeres Finanzkapital und noch mehr Betrug. Das aber ist genau die Politik von Merkel – von Windbeuteln wie Steinbrück-Gabriel-Kraft etc. sowieso.
Das Geheule, daß Steuersenkungen unter allen Umständen jetzt abgesagt werden müßten, kommt exakt aus den Etagen der Banken- und Spekulantenvorstände, die in der immensen und weiter wachsenden Staatsverschuldung leben wie die Fische im Wasser und nicht die geringste Minderung der sprudelnden Steuerquellen dulden wollen, die sie schon in ihren Planungen verbucht haben.
Es dürfte übrigens seit langem keine andere Partei in Deutschland geben, die so stark mit der Politik permanenter Steuererhöhungen, mit der prinzipiellen Umleitung von möglichst viel Mitteln der Massen in die Staatskassen, mit der Verschuldungspolitik und mit dem entsprechenden Finanzkapital verknüpft ist wie die SPD.
Auswege aus der Wahnsinns-Verschuldung?
Sollten Staaten den Weg der Reduzierung ihrer Verschuldung durch massive Inflation gehen wollen, dann wären wiederum die Löhne und kleinen Guthaben die Dummen; sollte es aufgrund der Abwürgung der Produktivkräfte durch die Krise, den Ökowahn und die weiter steigenden Steuern hingegen zur Deflation kommen, was keineswegs ausgeschlossen ist, wenn nämlich das Gelddrucken durch die Zentralbanken ein Ende nimmt, dann geht es mindestens ebenso rasch und gründlich bergab.
Auswege können nur in der Richtung gesucht werden, daß es zu hartnäckigem Massenwiderstand kommt, der den Banken und den Regierungsbürokratien mit Vergeltung drohen kann und diese auch praktiziert, daß es zu umfangreichen Enteignungen zu Händen der Volksmassen kommt, daß der Kapitalismus grundsätzlich in Frage gestellt wird, daß das Volksvermögen bzw. wichtige Elemente desselben progressiv in Gemeineigentum überführt wird. All das wirft die Fragen nach revolutionärer Organisation der Massen und entsprechendem politischem Denken auf, die in diesem Lande wie auch den meisten Ländern des Globus seit Jahrzehnten völlig verkümmert sind.
Die Merkel-Gruppe ist in diesem Lande der Hauptgarant des Steuermolochs, der Aussaugung der Bevölkerung, der Unterminierung der Zukunft, der Konservierung aller möglichen überlebten politischen Konzepte, Richtungen und Gruppen, und jetzt muß sie endlich gehen.
Die Rüttgers-Pinkwart-Regierung in NRW bot in der Tat in ihrer bisherigen Arbeit und ihrem Wahlkampfprofil höchst wenig, das sie positiv von ihren Mitbewerbern wie SPD und Grünen abstechen ließe. Rüttgers machte zudem meist den Eindruck, auf die Schlammschleudereien der Gegner nur schwächlich zu reagieren. Wie leicht wäre es doch gewesen, mit Beispielen von SPD-Politikern zu kontern, die stattliche Honorare für Auftritte und Beratungen bei irgendwelchen Kapitalisten oder Verbänden kassieren; wie wenig Forschungsarbeit hätte es bedeutet aufzuzeigen, daß die Politik der sog. erneuerbaren Energien nichts weiter ist als organisierte Kapital- und Arbeitsplatzvernichtung – aber nein, auf keinem politisch entscheidenden Gebiet konnte man einen nennenswerten Einspruch von Rüttgers vernehmen. Selbst wo er in seiner persönlichen Ehre angegriffen wurde, wirkte die Verteidigung nur gehemmt. Selbst schuld, könnte man sagen.
Wenn aber nunmehr die CDU-FDP-Koalition in Düsseldorf abgelöst wird, sei es durch eine Koalition der CDU mit der SPD, oder durch eine der SPD mit Grünen und Linkspartei, hat dies deutliche Auswirkungen auf die Bundespolitik in vielen Fragen, gerade auch in den beiden angesprochenen Komplexen Steuern und Energiepolitik. Der Spielraum, den die schwarz-gelbe Koalition in Berlin bisher eigentlich hier hatte, wäre damit von den politischen Sitzverteilungen her, z.B. im Bundesrat, perdü. Und das kann man mit einigem Grund als eine Wendung sehen, die der Merkelschen Politik keineswegs fremd wäre, nach allem, was diese Politikerin bisher geboten hat.
Wenn die FDP jetzt das sog. Machtwort Merkels gegen jede Steuersenkung in dieser Legislaturperiode schluckt, dann ist sie absolut nichts wert. Auf diese Provokation hin sollte die FDP aus der Regierung austreten und ihren Platz an der Seite von Merkel der SPD anbieten. Damit könnte sie einen gewissen Wandel auch in der CDU-CSU mit anstoßen.