Den folgenden Leserbrief habe ich am 23.9.11 an die Internetzeitung „Asia Times Online“ (herausgegeben in den USA) geschickt. Er wurde dort am gleichen Tag in der Rubrik „Letters“ veröffentlicht. Hier gebe ich den Text zunächst auf Deutsch wieder, dann folgt die englische Übersetzung.
Leserbrief:
Die jounalistische Qualität der Artikel, die in den letzten Monaten zum Thema Japan und Kernenergie erschienen sind, überzeugt mich nicht. Auffällig jedenfalls ist die Übereinstimmung aller Autoren im Drängen, daß Japan sich von der Kernenergie verabschieden und sog. alternative Energieformen an ihrer Stelle entwickeln solle. Andere Meinungen finden in „Asia Times Online“ zu diesem Thema anscheinend kein Forum mehr. Das ist bedauerlich und nicht fair.
Die sog. alternativen Energien wie Windkraft und Solarenergie sind außerordentlich kostspielig in den dafür erforderlichen Investitionen und dem laufenden Betrieb, sie treiben den Preis für Strom, machen die Stromversorgung unsicher und sind hinsichtlich ihrer sog. Ökobilanzen (das Verhältnis von Aufwand an Rohstoffen und Umweltbelastung in Herstellung und Betrieb zum Ertrag in kWh) eine Katastrophe. Sie sind das Steckenpferd von Politikern, die bestimmte Länder entindustrialisieren möchten, laufen aber den Interessen der meisten Bürger in den betreffenden Ländern zuwider. Aber sie werden im allgemeinen vom mainstream der Medien als günstig für die Menschen und die Natur hingestellt. Die Behauptungen, daß die Umrüstung großer Teile der Volkswirtschaft eines Landes auf alternative Energien wegen der großen neuen Investitionen Arbeitsplätze schaffe und die Ökonomie belebe, sind kurzsichtig. Auf längere Sicht sind natürlich diejenigen Länder in der internationalen Konkurrenz viel besser aufgestellt, deren Industrie und Infastruktur von relativ preisgünstigem und sicherem Strom profitieren, und der kommt zu allerletzt aus den sog. alternativen Energien.
Mir kommt die merkwürdige Einstimmigkeit Ihrer Autoren, die derzeit zu den japanischen Problemen schreiben, fast wie Teilnahme an einem bestimmten politischen Schema vor. Japan macht seit langem, und noch verstärkt seit der Tsunami-Katastrophe, den Eindruck, politisch und ökonomisch immer schwächer zu werden. Nach meiner Überzeugung gibt es in den strategischen Überlegungen, die die führenden Zirkel der Politik der USA anstellen, auch das Szenario, Japan weiter zu schwächen und davon zu profitieren, wenn das Land zu den ersten gehören würde, die von der Krise in die Knie gezwungen werden. Wenn es solche Bestrebungen geben sollte, dann würden die erwähnten journalistischen Beiträge von Asia Times Online zum Thema Japan sehr gut dazu passen. In den USA gibt es über 100 KKW, hier werden sämtliche nuklearen Techniken, u.a. auch das reprocessing des nuklearen fuel, die Brütertechniken etc. weiterentwickelt, und es gibt außer der zivilen Nutzung der Kernenergie noch den riesigen Komplex an Nukleartechnologien, der beim Militär angesiedelt ist. Wenn sich in einem solchen Land eine auffällige Konzentration von Medienbeiträgen zeigt, die die Denuklearisierung eines anderen Landes, einer der bedeutendsten internationalen Wirtschaftsmächte, empfehlen – mein Land, Deutschland, hat sich bereits, nicht ausschließlich aus eigenem freiem Entschluß, auf diesen erbärmlichen Kurs festgelegt – dann können, imho, nur naive Leute an Zufall glauben.
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The journalistic quality of the articles about Japan and nuclear energy published by Asia Times Online during the past months is not very convincing, in my view at least. Obviously all of the authors agree in pressing Japan to relinquish nuclear energy and replace it by the so-called Renewables. Differing opinions seem not to find a platform in your magazine. This I find regrettable and unfair.
The so-called Renewables, wind power and solar energy in the first place, are extremely expensive – the required capital spending as well as the continuous operation -, they drive the prices for electricity (and energy in general) upwards, make electricity power supply less reliable and are really catastrophic with regard to their environmental life cycle assessment. Favored in the first place by politicians who are striving to de-industrialize certain countries, they are hostile to the interests of most inhabitants of the countries concerned. Generally, however, they are portrayed by the main stream of the media as friendly to people and nature. The assertions that restructuring large parts of national economies by and in favor of Renewables creates jobs and revitalizes the economy are short-sighted. In the longer run, nations are, of course, much better placed for international competition if their industry and infrastructure benefit from relatively cheap and secure electricity, and that comes the least from the so-calles Renewables.
The odd unanimity of your authors currently writing about the Japanese problems almost resembles participation in a certain political scheme, in my eyes. Japan has been giving the impression of becoming increasingly weak, politically and economically, since long and even more since the catastrophic tsunami. I don’t think it very far-fetched to suppose that there are some scenarios existing in the leading political circles of the US which mean to further weaken Japan and to benefit, if this country would belong to the first ones to be brought to their knees by the crisis. If such endeavors are existing, then such journalistic contributions by AToL fit well. There are more than 100 nuclear power plants in the US, all the nuclear technologies, reprocession of nuclear fuel and breeders included, are constantly developed further, and other than the civil use of nuclear energy there is the gigantic complex of nuclear technologies residing with the military. If in such a nation there appears a significant concentration of contributions in the media recommending the denuclearisation of another country, one of the internationally most important economic powers – my own country, Germany, has already set this miserable course, not quite exclusively of its “free will” – then, imho, only naïve people will believe in conincidence.