http://www.nzz.ch/nachrichten/startseite/zur_strecke_gebracht_1.15125869.html
Teilweise lesenswerter Kommentar der „Neuen Zürcher Zeitung“ zur Jagd auf Wulff, mit spitzen Bemerkungen über das Mißverhältnis der in den Medienkreisen selbst herrschenden prinzipiellen Korruption zu ihrer Moral- und Enthüllungsorgie im Falle W., man lese bspw.:
„Und vielleicht könnten jetzt die Moralbuddhas der Medien nach geschlagener Schlacht auch einmal mit ähnlichem Drang darlegen, wie sie sich selbst vom Lockstoff all der Verlockungen und Verführungen betören lassen, denen sie als Journalisten nur allzu oft unterliegen – von Einladungen der tollsten Sorte, Reisen und Rabatten in einem Ausmass, das bei fast allen andern Erwerbszweigen die Schamröte hochtriebe. Wer derart exponiert im Glashaus der Tugend sitzt, sollte sehr vorsichtig mit Anschuldigungen umgehen. Eigenartig, wie viele Augen da plötzlich blind sind.“
Allerdings ist auch dieser Kommentar politisch nicht besonders helle. Der Autor, Jürg Dedial, meint:
„Nur weg, war die Devise; was danach käme, interessierte nicht.“
Natürlich interessierte das in Wirklichkeit die Betreiber der Jagd auf Wulff am meisten. Das Korruptions-Aufdeckungs-Geschäft ist nur der Vordergrund, wer politisch naiv genug ist darauf reinzufallen, dem ist nicht zu helfen.
Es ging von Anfang an und geht weiter darum, anstelle Wulffs den sog. unparteiischen, über den Parteien stehenden, würdevollen etc. Bundespräsidenten zu installieren, jemanden wie z.B. Gauck. Der wird jetzt erneut von der SPD und allen möglichen Politclowns ins Gespräch gebracht, die sich im Getue überschlagen, als hätten wir hier eine Demokratie und der Bürgerwille entscheide. In Wirklichkeit soll es jemand sein, der zunächst einmal SPD und Grünen den Rückweg an die zentrale Macht erleichtert, z.B. in Form einer neuen Großen Koalition – der Merkel selbst bekanntlich immer am meisten zuneigt –, und der in den Fragen der Wirtschaftspolitik besser ins Schema der internationalen Finanzwelt paßt. Zu dieser letzteren Frage muß ich mich hier auf ein paar mögliche Ansätze zur Meinungsbildung und näheren Untersuchung beschränken, die von Leuten, die sich wirtschaftspolitisch auskennen, geführt werden sollte. Z.B.:
Es gibt ja offensichtlich in der Frage der Staatsverschuldungen und der Rolle der großen Finanzinstitutionen erhebliche Zuspitzungen, die derzeit unter dem Wort „Eurokrise“ mehr verschleiert als definiert werden, und gerade an der derzeitigen Politik Deutschlands staut sich erhebliche internationale Unzufriedenheit.
Es ist auch bekannt, daß es gerade die frühere sog. rot-grüne Koalition unter Schröder-Fischer es war, die dem spekulativ-betrügerischen Regime der undurchsichtigen internationalen Finanzmafias (natürlich inclusive solcher Champions wie der Deutschen Bank etc.) den Durchgriff auf Deutschland erheblich erleichtert hat und das Land stärker in dieses internationale System eingebunden hat.
Aus solchen Kreisen, ihren Politikern und Medien kommen, unübersehbar, derzeit reichliche Kritiken an der aktuellen Politik Deutschlands, bspw. auch Forderungen, daß es sich nicht dauernd querlegen solle bei der Öffnung weiterer Schleusen für neue Finanzströme, die von den Staaten garantiert werden sollten, damit die spekulativen Karrussells sich noch rascher und profitabler drehen können als bisher schon.
Eines der wichtigsten Vehikel für die Durchsetzung solcher Forderungen sind naturgemäß SPD und Grüne, einschl. vieler Elemente in der derzeitigen Regierungskoalition selber, die in der undurchsichtigen und erzopportunistischen Merkel einen verläßlichen Anker haben, und auf einen Gauck oder einen ähnlichen weiteren „würdevollen“ „überparteilichen“ Kandidaten kommt es in diesem Zusammenhang sehr wohl an, weil er im Amt des Bundespräsidenten wichtige Befugnisse beim Regierungswechsel, bei eventuellen Parlamentsauflösungen, bei bis zuletzt strittigen Gesetzen etc. hat.
Das ist das „Danach“, das nach der irreführenden Aussage der NZZ angeblich bisher niemanden interessierte. Wenn das so wäre, wären die führenden Politiker und Medienchefs völlig unfähig, im eigenen Interesse um ihre Positionen zu kämpfen. Sie sind aber nicht so beschränkt. Beschränkt soll bloß der Medienkonsument und sog. Bürger sein, dessen dämliche Zuschriften und Meinungsäußerungen derzeit besonders gern von diesen Medien veröffentlicht werden, die seine Dämlichkeit erst kräftig miterzeugt haben und im Grunde bloß ihr eigenes Echo abdrucken, mit dem ihre politischen Ziele gefördert werden sollen, die derart kriminell sind, daß auf keinen Fall klar darüber geredet werden darf. Das Tabu über die wirklichen Auseinandersetzungen auf den höchsten kapitalistischen und politischen Ebenen ist äußerst rigide und wird mit allen Mitteln durchgesetzt. Auch Typen wie Wulff müssen eben die Prügel einstecken, wenn sie Pech haben, aber darüber reden, warum ihnen so etwas passiert ist, würde noch viel härter bestraft, sodaß sie die Klappe halten; auch weil sie selbst um das Gesamtsystem fürchten, dessen Kinder sie sind.