Ein Didaktik-Professor zeigt anhand der Leichtigkeit der Zentralabitur-Aufgaben in Mathematik NRW die systematische Niveausenkung durch die politische Schulbürokratie auf.
Ich vertrete seit längerem die Ansicht, daß die uns regierenden politischen Kräfte am Ruin des Landes arbeiten, zielbewußt und mit System. Gerade auch im Bildungswesen läßt sich seit langem beobachten, daß die Chancen der Kinder und Jugendlichen, durch Schulen substantielles Wissen vermittelt zu bekommen, systematisch herunter-reformiert werden. Es dürfte wenige Methoden geben, die so wirksam die zukünftige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und das kulturelle Niveau, auch das soziale Verantwortungsgefühl in unserem Lande negativ beeinflussen wie diese Bildungspolitik.
Als Vorreiter betätigen sich naturgemäß Grüne und SPD, aber anscheinend geht es auch in Baden-Württemberg und Bayern etc. in der Tendenz ähnlich zu.
Das zugrundliegende kapitalistische Schema besagt, daß für die Weiterexistenz des Kapitalismus in diesem Lande, jedenfalls nach den Maßstäben der großen Finanzinstitutionen wie der Deutschen Bank, der Allianz etc. , es nicht mehr erforderlich ist, viele qualifizierte und engagierte Arbeitskräfte (nach früherem Maßstab) auszubilden. Im Gegenteil, das wäre sogar aus politischen und kulturellen Gründen ungünstig für das bürokratisch-finanzkapitalistische Herrschaftssystem in seinem jetzigen Entwicklungssstadium und bei seinen heutigen Ambitionen. Der Anteil der weniger Qualifizierten, Verfügbareren, Lenkbareren, Erpressbareren und letztlich Verzichtbaren (Produktionsverlagerungen, Kriege als grundlegende Strategien des Kapitalismus sind in diesem Zusammenhang zu beachten) an der Gesamtzahl der – noch – Arbeitenden in Ländern wie Deutschland muß vielmehr systematisch erhöht werden. Kreativität, Selbstbewußtsein, Allgemeinbildung und Wissenshunger, kulturelles Niveau sind dabei im allgemeinen eher störend, wenn es nach den gesellschaftlichen Leitbildern gewisser Kreise geht. Sie meinen Schlagworte wie „Wissensgesellschaft“, „Industrialismus“ etc. nicht ernst, lassen aber so manchen Politiker, Professor und Medienheini davon öffentlich schwärmen, um die Realität weniger grau aussehen zu lassen. Die Realität ist die allmähliche Abwicklung des Landes bei Erhalt der kapitalistischen Profitmöglichkeiten und der privilegierten Bürokratenschichten.
Dem entsprechen die „Bildungs-Reformen“ durch die herrschenden Kreise. Damit das System weiter läuft, anders ausgedrückt: damit die Abwicklung und allmähliche Versenkung des Landes möglichst reibungslos laufen, ist allerdings derzeit immer noch eine gewisse Zahl von gut ausgebildeten Spezialisten und engagierten bis fanatischen Verwendungskräften erforderlich – die durch die entsprechenden Zahlungen privilegierter Arbeitgeber wie Staat, Banken oder bestimmte Konzerne zur Leistung zu motivieren sein sollen. Da solche Kräfte in den öffentlichen Schulen immer weniger zur Ausbildung gelangen, verweist man den dafür in Frage kommenen Nachwuchs, meist aus den ohnehin weiter oben angesiedelten Schichten, zunehmend auf die Privatschule. Auch dies ist eine von den Ökologisten seit langem geförderte Tendenz.
Die normale Schule hingegen soll, auch durch zusätzliche Maßnahmen wie „Inklusion“, zur Bewahranstalt, zur Schule des Ertragens des Unerträglichen, des Langweiligen, Dummen, des Frusts und des Burnouts der Lehrkräfte verkommen.
Es kann einen nicht Wunder nehmen, wenn Vertreter des deutschen Industrialismus, des mittleren Kapitalismus, industrielle Mittelständler oder auch Wissenschaftler sich über zunehmenden Fachkräftemangel und generell über Qualifikationsmängel beklagen. Zwar wird mit solchen Klagen auch, unter primitiven kapitalistischen Gesichtspunkten, getrickst, z.B. um mehr qualifizierte Arbeitskräfte aus anderen Ländern leichter hier hereinzubekommen und gegen die noch vorhandenen eigenen Kandidaten mit ihren oft etwas höheren Gehaltsvorstellungen etc. auszuspielen, aber in der Grundtendenz produziert dieses Bildungssystem den Fachkräftemangel selbst. Den Analphabeten mit vier Klassen Grundschule haben wir schon nicht selten, der Analphabet mit Abitur ist nicht mehr fern. Der sog. funktionale Analphabetismus, die Unfähigkeit, einen längeren Text über komplexere Sachverhalte überhaupt zur Kenntnis nehmen, ist offenbar bereits nicht wenig verbreitet.
Solche Untersuchungen wie die hier von der „FAZ“ vorgestellte braucht es viel mehr, es braucht das Aufwachen der Pädagogen, Eltern und auch der Schüler selbst. Vielleicht überspitzt der Interviewte seine Sicht etwas – das können dann die Leute vom Fach ja zurechtrücken. Daß aber die Grundtendenz im Bildungswesen in der Niveausenkung für die große Mehrheit besteht, und daß es dafür massive Hintergründe in den Problemen gibt, die der Kapitalismus mit sich selber hat, sowie in der besonderen internationalen Lage Deutschlands, auch Europas insgesamt, diese These bin ich gern bereit weiter zu belegen.
Nachtrag 10.10.12:
Interessant auch der Artikel von Heike Schmoll in FAZ über die kläglichen Ergebnisse der Studie über die Leistungen der Grundschüler insbes. in Berlin, Bremen, Hamburg und auch Hessen: