Italien: was Grillo so erzählt

 

Das „Handelsblatt“ bringt – als kostenpflichtigen download v. 13.3.2013 – ein Interview mit Beppe Grillo, dem italienischen Medienstar und, wie es scheint, maßgeblichen Impulsgeber einer „Bewegung 5 Sterne“, die bei den letzten Parlamentswahlen etwa 25% der Stimmen erhalten haben soll. Ihn als „Roms Überraschungssieger“ zu bezeichnen, so in der Überschrift das „Handelsblatt“, erscheint angesichts dieser Zahl allerdings etwas übertrieben; aber vielleicht wünschen sich das ja bestimmte Leute in Deutschland…

Nun zu den politischen Vorstellungen Grillos –  so weit man den Einlassungen in einem Interview trauen kann ( es könnte ja sein, und ist in der Politik nicht selten, daß ein Politiker alles mögliche erzählt, bloß nicht, wer seine Hintermänner und Sponsoren sind und was für eine politische Agenda er in Wirklichkeit hegt).

Da kommen zunächst ein paar ganz ansprechende Aussagen, bspw. zu einem wirtschaftspolitischen „Notfallplan“:

 

„Wir müssen den Arbeitslosen und den kleinen und mittleren Unternehmen helfen. Mit einer Unterstützung für die Arbeitslosen, aber auch mit Steuererleichterungen für jene Unternehmen, die in Forschung investieren oder die junge Menschen unter 35 Jahren einstellen.“

Die Frage nach der Finanzierung solcher Maßnahmen beantwortet Grillo mit mehreren Ideen, z.B. die Kosten der Politik zu senken, indem Verwaltungen zusammengelegt, Politiker-Pensionen reduziert werden.

Zu den fundamentalen ökonomischen Perspektiven Italiens allerdings wird es bei Grillo dann weniger ansprechend oder amüsant.

„Italien wird in den kommenden fünf bis zehn Jahren nicht mehr wachsen. Wir müssen komplett umdenken. Deshalb reden wir von Entwicklung, nicht von Wachstum. Ich bediene mich da auch bei euch Deutschen: beim Soziologen Wolfgang Sachs vom Wuppertal Institut. Auch in anderen Bereichen ist Deutschland durchaus ein Beispiel für uns.“

„Inwiefern?“ fragt die Interviewerin.

Grillo: „Deutschland hat sein Bruttoinlandsprodukt in den vergangenen Jahrzehnten verzwölffacht. Aber die Deutschen arbeiten heute insgesamt nicht mehr Stunden als damals, obwohl die Bevölkerung heute doppelt so groß ist. Das liegt an der Produktivität, die ist wichtig. Die müssen auch wir steigern. Das geht nur mit Entwicklung.“

Grillos statistische Vorstellungen sind recht erstaunlich. Die deutsche Bevölkerung ist heute mit etwa 82 Mio. nicht etwa doppelt so groß wie etwa vor drei Jahrzehnten oder noch früher: 1970 hatte die BRD etwa 58 Mio. Einwohner, die DDR etwa 19 Mio., das waren zusammen ca. 77 Mio., also bereits fast das Niveau von 2013. Es hat also auch nicht annähernd so etwas wie eine „Verdopplung“ stattgefunden.  Und was die angebliche Steigerung des BIP auf den zwölffachen Wert betrifft, so fragt sich zunächst, welches Jahr das Ausgangsdatum sein soll; ferner, ob Grillo ein nominelles Wachstum (ohne Berücksichtigung bspw. der permanenten Geldentwertung) oder ein reales Wachstum meint. Sicher hat es in seit etwa 1970 oder seit früheren Vergleichsjahren ein gewisses Wachstum gegeben, aber von einer Verzwölffachung selbst des nominellen Wachstums kann ich in Statistiken wie etwa bei Wikipedia nichts finden. Der Mann redet einfach ins Blaue hinein.

Und was soll sein Gegensatzpaar „Wachstum-Entwicklung“ eigentlich besagen? Kann man sich für die heutige Welt insgesamt, in der von ca. 7 Milliarden Menschen wenigstens 4 in kaum menschenwürdigen Verhältnissen leben müssen, von Wasser- und Ernährungsmangel, vom Fehlen elementarer sozialer Sicherheit und Bildung und anderen schweren und schwersten zivilisatorischen Defiziten bedroht sind, eine wachstumslose Zukunft wünschen, wenn man nicht unbedingt zu den kaltschnäuzigsten Profiteuren und Menschenfeinden gehören will?

Einen gewissen Schlüssel für das Weltverständnis des Herrn Grillo liefern dann immerhin die folgenden Sätze, mit denen er auf die – typisch deutsch-kapitalistische Frage – nach den „alternativen Energien“ antwortet:

„Das ist ein zentraler Teil unseres Programms. Auch hier bedienen wir uns bei den Deutschen als Beispiel….“

Na denn prost. Das deutsche, zuerst von den Grünen, seit längerem nunmehr von allen Parteien und von fast allen Spitzenvertretern des deutschen Kapitalismus befürwortete und gepushte Programm der Energiewende ist Kapital- und Produktivitätsvernichtung pur, im weiteren Sinne gehört es zu einer ruinösen fundamentalistischen Ideologie der Zurückschraubung der menschlichen Produktivität, Kreativität und Zukunftsfähigkeit zum Zwecke der Erhaltung der herrschenden politischen Strukturen und der etablierten kapitalistischen, vor allem der finanzkapitalistischen  Profitstrukturen. Wenn Italien sich angesichts der angeblichen 25 % für einen Herrn Grillo sich noch stärker in diese – anscheinend gerade auch von Deutschland unterstützte  – Richtung drängen läßt, wird es noch schneller versinken als es unter den bisherigen politischen Verhältnissen es geschafft hat, und die europäischen Verhältnisse werden durch eine derartige Entwicklung gleichfalls noch rascher ruiniert. Jenseits des großen Teiches und auch anderswo, so wohl  auch gerade in China, wird man das Treiben von Herrn Grillo sicher nicht unfroh beobachten.

Zur Herkunft und politischen Orientierung von Grillos Guru, Wolfgang Sachs vom sog. „Wuppertal-Institut“, einer Ansammlung von ökoreligiösen Pseudowissenschaftlern, sagt der Wiki-Artikel einiges Bezeichnende, so z.B. daß der Typ führende Positionen bei Greenpeace und in dem lächerlichen IPCC („Intergovernemental Panel on Climate Change“) bekleidet hat.

http://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Sachs

 

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