Ramsauer rügt die „Schlafbaustellen“

 

Einmal mehr greift ein Politiker dieses uralte Thema auf, das schon viele berechtigte Klagen, aber noch nie eine Besserung erlebt hat. Man kann sicher sein, daß auch die jetzige Ramsauerei zu nichts führen wird. Warum ist das so?

Zunächst einmal schon aus einem einfachen Grund: das Bundesverkehrsministerium ist eben die Zentralstelle für den Diebstahl an den Nutzern von PKWs und LKWs, die Jahr um Jahr weniger an Straßen-Instandhaltung, an Straßenverbesserungen oder gar notwendigen Neubauten für die immensen Steuern zurückerhalten, die sie an die Staatskassen abführen. Es ist eine der bürgerfeindlichsten Institutionen dieser Republik, und zusätzlich hat sich die gutfrisierte Oberniete Ramsauer schon vor längerer Zeit mit dem Ansinnen hervorgetan, eine PKW-Maut einzuführen. Es handelt sich dabei nicht nur um eine weitere Steuer (angeblich – angeblich – soll dafür bei der Steuer auf den Spritpreis reduziert werden), sondern um ein weiteres Überwachungs- und Lenkungsprogramm gegenüber dem Bürger.

Es gibt aber noch einen tieferen Grund für die wachsenden Schikanen an allem was fährt: es ist die über Jahrzehnte gewachsene und mittlerweile in der staatlichen Bürokratie fest verankerte Bürgerfeindlichkeit ökologistischer Färbung.

Der deutsche Autofahrer ist in der grünen, mittlerweile von jedem echten deutschen Politiker und Bürokraten verinnerlichten Mentalität ein Erzfeind, der – einstweilen noch mit eher verdeckten Mitteln – für seine Neigung, sich frei und möglichst rasch und kostengünstig von A nach B bewegen zu können, gestraft und darin behindert werden muß. Er ist z.B. der „Klimasünder“ par excellence. Durch graduelle Verschlechterungen des Straßensystems, durch Baustellen ohne räumliches und zeitliches Ende, durch die auf diesem Wege zusätzlich motivierten Tempolimits usw. usf. gilt es, diesem Übeltäter nach und nach die „Entschleunigung“ aufzudrücken, ihm das Autofahren immer mühseliger und aufreibender zu machen, es ihm letztlich zu verekeln – selbstredend ohne vernünftige Alternativen aufzubauen. Die traurige Entwicklung des Bahnwesens über Jahrzehnte hinweg dürfte den letzten Punkt hinreichend illustrieren.

Wahrscheinlich sind für die Schlafbaustellen noch weitere Faktoren verantwortlich: organisatorische Unfähigkeit, Schlafmützigkeit und Indolenz bei unteren Behörden, Pfründenverteilungen an Firmen, die den Auftragsbestand gerne strecken, Geldmangel etc. Auch das gehört zum System. Aber mE ist der Kern der Baustellenmisere die ökologistische Bürgerfeindlichkeit, die gerade von Exponenten des staatlichen Apparats wie Ramsauer verinnerlicht und zur politischen Leitlinie gemacht worden ist. Von solchen Politikern ist am allerwenigsten ein Einschreiten gegen die Straßenmisere zu erwarten, deren Ursache sie selbst sind.

In SPD-grün regierten Ländern wie NRW oder Rheinland-Pfalz sind lt. Ramsauer überproportional viele Schlafbaustellen zu verzeichnen. Die betreffenden Landesregierungen erwidern, Ramsauer mache wohl Wahlkampf. Es hat selbstverständlich nur mit dem Wahlkampf zu tun, wenn Ramsauer die Dinge jetzt anspricht, und von seiner Seite dürfte das Thema in dem Moment erledigt sein, wenn seine Koalition nach der nächsten Wahl wieder am Ruder ist. Gleichwohl ist es kein Wunder, daß bspw. in NRW, wo eine SPD-Grünen-Koalition unter Kraft/Lührmann sich relativ sicher im Sattel wähnt, der Abbau des Straßenwesens auffällig deutlich voranschreitet.

Kürzlich fiel der Verkehrsminister von NRW damit auf, daß er einen Großteil der Autobahnbrücken in NRW für schwer krank erklärte und für die entsprechenden  angeblich erforderlichen Reparaturen, die, wenn sie einmal angefangen werden, hier mit Sicherheit durch viele Jahre gestreckt werden, weitere Sperrungen und Einschränkungen im großen Stil, zusätzlich zu den schon sprichwörtlichen NRW-Dauerstaus, am Horizont erscheinen ließ – dies nur ein weiteres Beispiel für die Unverschämtheit der SPD-Grünen-Bürokratie.

Die Bundesrepublik Deutschland ist wirtschaftlich wesentlich von der Autoindustrie geprägt worden. Seit den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde viel getan, um das Straßensystem auf- und auszubauen und dem Bürger Kauf und Gebrauch der Fahrzeuge zu ermöglichen. In den letzten Jahrzehnten allerdings stößt diese traditionelle Tendenz auf die wachsende Einschränkungs- und Entschleunigungspolitik. Der Widerspruch zwischen dem kapitalistischen Profitinteresse, das sich u.a. in den wachsenden Zahlen von bis zum Absurden aufgemotzten Karossen der begüterteren Schichten manifestiert, und dem Abbau der Infrastruktur erzeugt groteske Dramen und Farcen im täglichen Straßenverkehr. Langfristig glaubt der ökologistische Überbau, der den Ruin des Landes betreibt, auch auf dem Wege des Ruins der verkehrsmäßigen Infrastruktur und des Abbaus des Autoindustrie seinen Zielen näherzukommen.  Man sollte sich mit solchen Widersprüchen, die mE Grundstrukturen des Lebens im Deutschland des begonnenen 21. Jahrhunderts bilden, befassen und nicht bloß wegen Schlafbaustellen sich an die unmittelbar zuständigen unteren Behörden wenden.

 

 

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