Bemerkungen zu dem Buch von Howard W. French „China’s Second Continent. How a Million Migrants Are Building a New Empire in Africa.“ Alfred A. Knopf, Publisher, NY 2014.
French zeichnet das Bild einer neuen Kolonisierung großer Teile Afrikas durch China. Er zeichnet das Engagement chinesischer Staatskonzerne in vielen afrikanischen Staaten; sie bauen Straßen, Brücken, Staudämme, Häfen, Krankenhäuser, Stadien etc., werden von der chinesischen Regierung mit grenzenlos erscheinendem Kapital, Arbeitskraft und guten Beziehungen zu den jeweiligen afrikanischen Regierungen ausgestattet und unterbieten die gelegentlich noch auftretende Konkurrenz bspw. europäischer Firmen mühelos.
Während aber diese Aktivitäten immerhin schon einige internationale Beachtung gefunden haben, ist in den Augen von French mindestens ebenso wichtig eine informelle „private“ Migrationswelle von Hunderttausenden und wohl bald Millionen einzelner Chinesen bzw. ihrer Clans und regionalen Seilschaften nach Afrika, wo sie als Händler, Landwirte, Unternehmer Fuß fassen.
Diese beiden Faktoren zusammen sind in den Augen von French die Grundlagen der Herausbildung eines neuen kolonialen Imperiums in Afrika.
Dieses lt. French neu entstehende chinesische Imperium unterscheidet sich zwar, in seiner Darstellung, vom alten europäischen Kolonialismus vor allem durch die enorme, die afrikanischenGesellschaften insgesamt tief durchdringende und umwälzende ökonomische Wucht. Dahinter steht eine Nation von 1,3 Milliarden Menschen mit dem enormen Kapital, das dort im Lauf der letzten drei Jahrzehnte aufgebaut wurde und nun die internationale Expansion sucht. Es unterscheide sich jedoch weniger in Hinsicht auf die Fragen, welche eigene Entwicklung den afrikanischen Gesellschaften durch diesen neuen Eindringling von außen ermöglicht bzw. zugebilligt wird. Frenchs Schilderungen zufolge wird die heutige chinesische kapitalistische Expansion nach Afrika völlig vom Streben nach „making money“ beherrscht. Afrikaner, wenn sie überhaupt als Arbeitskräfte angeheuert werden, dürften nur ganz subalterne Tätigkeiten ausüben, würden kaum ausgebildet und genössen in den Augen ihrer chinesischen Chefs die aus dem alten Kolonialismus weidlich bekannte Geringschätzung. Sie seien eben kaum zur Arbeit zu gebrauchen. Das neue Imperium diene nicht der eigenen Entwicklung Afrikas aus seinen eigenen Ressourcen, seinen Rohstoffen und seinen Kulturen, sondern der erneuten Plünderung Afrikas durch eine fremde Macht, einer Plünderung und Beherrschung allerdings in ganz anderem Maßstab als es je die alten Kolonialmächte vermocht hätten.
Es muß bei der Beurteilung von Frenchs Analysen und Perspektiven beachtet werden, daß er für die historische und aktuelle Rolle der USA in Afrika nur ganz wenige und noch dazu nebensächliche Bemerkungen übrig hat. Vom Neokolonialismus Marke USA, der im ganzen 20. Jahrhundert weltweit eine große, oft entscheidende Rolle gespielt hat und in den gegenwärtigen internationalen Umwälzungen seine Profite und seinen politischen Einfluß zu bewahren, wenn nicht auszubauen versucht, findet man bei French kein Wort. Kolonialismus ist für ihn der altmodische Kolonialismus seitens der Portugiesen, der Franzosen etc. – schon die britische „Bruder“-nation erwähnt er nur am Rande. Das Wirken der USA in Afrika sieht er lediglich in der Präsenz des einen oder anderen verkalkten Diplomaten oder eines „Anti-AIDS“-Programms der US-Regierung verkörpert. Von der Rolle des US-Finanzwesens in Afrika und vor allem des US-Militärs, das in den letzten Jahrzehnten sich Stützpunkt um Stützpunkt in Afrika ergattert hat, vor allem unter dem Vorwand des „Kampfes gegen den Terrorismus“, hat French anscheinend noch nie etwas gehört, jedenfalls tut er so. Man könnte durchaus einmal unterstellen, daß Frenchs Buch aus der Perspektive des US-Imperialismus geschrieben ist, der sich durch das chinesische Vordringen in einen Kontinent ernsthaft bedroht sieht, der bislang großenteils unter der letztendlichen obersten Kontrolle der USA gestanden hat, einer Kontrolle, die weniger institutionell als informell, über tausend ökonomische, politische und geheimdienstliche Kanäle funktionierte und einen nicht geringen Teil der Verantwortung für die afrikanische Misere trägt, die China sich mittlerweile zunutze zu machen vesteht.[i]
Trotz dieser schon fast komischen Einseitigkeit, oder vielleicht gerade wegen der großen Empfindlichkeit des US-Imperialismus gegenüber der aufstrebenden Supermacht China, die den USA die Schranken weist, sind Frenchs Schilderungen des chinesischen Vorgehens ernst zu nehmen – meine ich.
In Afrika leben heute ungefähr eine Milliarde Menschen, von denen noch immer ein großer Teil sich unter elementarer Armut und altertümlichen Verhältnissen irgendwie durchschlagen muß. Große Teile Afrikas waren über längere oder kürzere Geschichtsperioden europäische Kolonien, und die heutigen Staaten sind in der Regel Nachfolger von Kolonien. Nur einige wenige Staaten – Ägypten, Äthiopien, Südafrika – waren vom Kolonialismus weniger betroffen. Moderne Entwicklung konnte unter dem Kolonialismus kaum stattfinden, aber auch nach dessen Beendigung während der Periode nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts hinein blieben in den meisten afrikanischen Staaten grundlegende ökonomische und gesellschaftliche Fortschritte aus.
Dies ist ein fundamentales und vieler Erklärungen bedürftiges Phänomen, auch und insbesondere angesichts von Afrikas unermeßlichem natürlichem Reichtum. Afrika verfügt über immense Potentiale an mineralischen Rohstoffen aller Art – Gold, Uran, Eisenerz und sämtlich übrigen Metalle in enormen Mengen, seltene Erden usf. -, an Öl und Gas und Kohle und, nicht weniger wichtig, über gigantische Reserven an bestem unerschlossenem Ackerland, an Wäldern usw. usf.
Alle diese Ressourcen sind, in der Darstellung von French, über viele der heutigen Staaten verstreut. In vielen dieser Staaten finden sich fast alle zusammen, so in Mozambique, in den westafrikanischen Staaten wie Guinea, Ghana, Mali, Liberia, Sierra Leone, in Zentralafrika (Zambia), in Namibia usf. Aus diesen Staaten berichtet French in diesem seinem neuen Buch anhand zahlreicher Interviews mit dort tätigen Chinesen, aber auch ein paar Regierungsleuten, NGO-Aktivisten etc.
In seiner Darstellung wirft sich die chinesische Migrantengesellschaft mit der chinesischen Regierung im Hintergrund schwerpunktmäßig auf die Erschließung der Metalle, von Öl, Gas und Kohle, die China für seinen weiter nach innen wie außen expandierenden Kapitalismus benötigt, aber zunehmend auch auf die Landwirtschaft, die Fischerei und den Holzexport.
Die zahllosen Schwächen der meisten afrikanischen Regierungen, vor allem ihre Korrumpierbarkeit, ermöglichen dem chinesischen Vordringen fast jedes noch so dreiste, die Interessen der Bevölkerung übergehende plündernde Vorgehen im größten Stil – so Frenchs Sicht. Die autochthone Landwirtschaft und die eigenen industriellen Ansätze (bspw. Textilindustrie) in den beschriebenen afrikanischen Staaten werden durch die chinesische Konkurrenz benachteiligt und verdrängt. Gleichzeitig fließen den Staaten selbst nur geringe Beteiligungen, bspw. in Form von Steuern, aus der Ausbeutung der Rohstoffe zu, und diese Zuflüsse werden dann auch noch zumeist in die Taschen der jeweiligen regierenden Clique geleitet. Die Bevölkerung beklagt fortdauernde Unterentwicklung insgesamt, insbesondere aber auch seitens der chinesischen Arbeitgeber Hungerlöhne, Unterdrückung der elementaren gewerkschaftlichen Rechte, Desinteresse an Ausbildung und Beschäftigung Einheimischer überhaupt, während selbst noch untergeordnete Posten mit chinesischen Migranten besetzt werden. Insgesamt das Bild einer stramm kolonialistischen, ausplündernden und die Bevölkerung entrechtenden Politik, wie sie aus der Vergangenheit in zahllosen Schilderungen bekannt ist.
Das Buch von French ist, bei aller Einseitigkeit und Voreingenommenheit, mE lesenswert, vor allem weil es anhand der zahlreichen Wiedergaben aus Interviews, aus denen das Buch zu 80% besteht, Einblicke in Vorgehensweisen und Denkweisen chinesischer Akteure bietet, die vor dem Hintergrund der Geschichte Chinas und insbesondere des Aufstiegs des chinesischen Kapitalismus in den letzten Jahrzehnten plausibel erscheinen.
Ich möchte mich nun nicht weiter mit der Wiedergabe dessen befassen, was ich an Essenz aus Frenchs Buch zu ziehen mir erlaubt habe, sondern einige Fragen anschneiden, die sich aus dem geschilderten Vordringen Chinas in Afrika ergeben.
1. Innere Widersprüche der heutigen chinesischen Gesellschaft, die den neuen Drang nach außen hervorbringen.
2. Unterschiede des kolonialen Vorgehens des kapitalistischen Westens, insbes. auch der USA, in Afrika im Vergleich mit dem chinesischen Vorgehen.
3. Ergeben sich aus der neuen imperialistischen Konkurrenz in und um Afrika andere, bessere Entwicklungschancen für die afrikanischen Gesellschaften selbst?
4. Was bedeuten die Auseinandersetzungen in und um Afrika für die weltweiten Machtverhältnisse, für die sog. geostrategischen Fragen etc.?
Zu Pkt. 1 läßt sich Frenchs Buch selbst noch anregend heranziehen. Mehrfach sprechen z.B. chinesische Migranten deutlich über die inneren Verhältnisse des heutigen China: sie sehen keine Entwicklungschancen für sich wegen der allgegenwärtigen Korruption, den Komplizenschaften zwischen mächtigen Kapitalbesitzern und den Regierungsbürokratien, wegen der Enge und Denaturierung der Lebensverhältnisse überhaupt. Sie wandern aus, um ihr Glück als hart arbeitende freie Einzelunternehmer zu suchen, gestützt freilich auf den Zusammenhalt der chinesischen Migrantenkollektive in den afrikanischen Ländern und den Zufluß an Kapital und manpower aus den Familien, Clans und sonstigen Netzwerken der Heimat.
French selbst stellt auch Überlegungen an insbesondere zu Fragen der künftigen Lebensmittelversorgung der chinesischen Gesellschaft, die sich im übrigen ja auch in den kommenden Jahrzehnten massiv verrentnern wird, s.die Ein-Kind-Politik und ihre Folgen.
Seinen Vermutungen zufolge wird der chinesische Zugriff auf afrikanisches Ackerland, der sowohl auf zwischenstaatlichen Ebenen wie auch in informeller Weise durch chinesische Siedler erfolgt, lebensnotwendig für Chinas Bevölkerung werden. Daneben aber vermutet er auch Bestrebungen des chinesischen Systems, Kontrolle über die Lebensmittelproduktion und Versorgung in afrikanischen Ländern selbst zu erringen. Solche Kontrollen würden der chinesischen Politik in Zukunft erhebliches Druckpotential gegenüber afrikanischen Regierungen und Bevölkerungen verschaffen.
In China selbst gibt es wohl erhebliche Probleme mit der Entwicklung der inländischen agrarischen, d.h. v.a. der Lebensmittelproduktion. Der moderne chinesische bürokratische Gangsterkapitalismus zeigt daran wohl wenig Interesse, er beschäftigt sich verschiedenen Berichten zufolge lieber mit der Verdrängung von Bauern von ihrem Land, um es sich anzueignen und damit mehr oder weniger spekulative Geschäfte zu machen.
Hinzu kommt die sog. Urbanisierungspolitik der chinesischen Regierungen der letzten Jahre. Von den etwa noch 600 Mio. an chinesischen Bürgern, die noch auf dem Land leben, sollen in den nächsten Jahrzehnten etwa 300 Millionen in die Städte gezogen werden. Solche politischen Pläne sind offenbar vielschichtig. Es handelt sich jedenfalls um eines der tiefgreifendsten Konzepte zur Umwälzung bisheriger chinesischer Grundstrukturen und Traditionen. Es wird ihm zufolge nur noch eine deutliche Minderheit der chinesischen Bevölkerung sein, die aufgrund gesetzlich verbriefter Bodennutzungsrechte eine wenn auch rudimentäre eigene Ernährungsbasis und darauf fußend ein gewisses politisches standing haben wird. Diese Rechte hatte ihnen die sozialistische Periode unter Mao Zedong verschafft.
Insofern handelt es sich um ein enormes Programm der Entrechtung und Entwurzelung großer Teile der chinesischen Bevölkerung zugunsten des mit den verschiedenen bürokratischen Ebenen Chinas verfilzten Kapitalismus. Ob der moderne chinesische Kapitalismus seinerseits imstande und willens sein wird, die inländische agrarische Basis unter den Bedingungen überwiegender groß-oder mittelkapitalistischer Besitzverhältnisse angemessen zu entwickeln, darf mit Fragezeichen versehen werden. Außerdem muß man fragen, welche sozialen und politischen Potentiale eine derart immense chinesische Bevölkerung, die innerhalb kurzer Zeit auf noch weit größere Abhängigkeit von den Auf und Abs der kapitalistischen, internationalen, imperialistischen Entwicklung gesetzt wurde, entwickeln wird. Der innere Druck auf massive imperialistische Expansion Chinas wird von daher sicher nicht abnehmen, ganz im Gegenteil. French führt an einer Stelle (S. 172) eine – nicht regierungsoffizielle – politische Äußerung in China an, die die Auswanderung von 100 Millionen Chinesen nach Afrika fordert. Wie wärs z.B. auch mit Sibirien? Was sagt Russland dazu?
Aus solchen grundstürzenden politisch zentral gewollten Prozessen wie der Urbanisierung läßt sich unschwer die Fragestellung für die chinesische Führung ableiten, ob es nicht erforderlich sein wird, sich agrarische Ressourcen im großen Stil im Ausland zu suchen. Das findet offenbar im Ansatz bereits in Afrika statt. Internationale Kooperationen, aber auch schwerwiegende Konflikte lassen sich von solchen Fragen ausgehend für die Zukunft leicht imaginieren.
Zu Pkt. 2 fiel mir bei der Lektüre von Frenchs Buch Folgendes auf: es scheint enorme Unterschiede bei den Größenordnungen des Kapitals zu geben, das „der Westen“ einer-, China andererseits in Afrika investieren. Könnte die eklatante Unterlegenheit des westlichen Kapitalmassen gegenüber den chinesischen, was die Investitionen etwa des letzten Jahrzehnts in Afrika betrifft, auch politische Ursachen haben? Mir scheint die Überlegung angebracht, daß der westliche Kapitalismus im allgemeinen sehr zurückhaltend geworden ist (bzw. auch zumindest zeitweise schon immer gewesen ist), was die Investition in großangelegte ökonomische Entwicklungsprozesse betrifft. Entsprechend der ökologistischen Lehre ist bekanntlich die Entwicklung weiterer größerer Teile der Welt das Erzübel. Man schiebt zur Rechtfertigung die dubiosen Lehren von der Erschöpfung der Ressourcen vor (s. Club of Rome, „Global 2000“, Al Gore und ähnliche Erscheinungen), versucht aber in Wirklichkeit die herrschenden internationalen kapitalistischen Strukturen zu konservieren, an der Macht zu halten und sich selbst die daraus fließenden internationalen Ströme schamloser Ausbeutung und Bereicherung zu sichern. Man erinnere sich nur an die zeitweise gerade auch in Deutschland dominierende Medienmasche, welche Katastrophe es für die Menschheit bedeute, wenn solche Entwicklungsländer wie China und Indien sich auch noch industrialisierten….
Mittlerweile hat sich herausgestellt, daß diese Länder wie auch andere sich an dergleichen Vorgaben nicht halten und daß zumindest noch auf eine gewisse Zeit das deutsche Kapital eine Chance auf Weiterwurschteln hat, wenn es selbst Maschinen, Autos usf. diesen Ländern liefert, die sich eigentlich auf diesem Wege ja überhaupt nicht entwickeln dürften…
Gemessen an der – man könnte sagen – politisch gewollten Kapitalverknappung seitens des Westens gegenüber Afrika muß die chinesische Großzügigkeit der letzten Jahre in den Augen der afrikanischen Bevölkerung jedenfalls positiv abstechen und trotz vieler negativer Seiten den Eindruck erwecken, daß nunmehr doch massiv etwas für die Entwicklung der Infrastrukturen geschieht aufgrund der chinesischen Aktivitäten.
Hinzu kommt noch mE ein weiterer Aspekt. Das Engagement des westlichen Kapitalismus in Afrika hat in den letzten Jahrzehnten zumindest in weiten Regionen derart brutale massenmörderische und alles zerstörende Formen angenommen, daß jegliche heutige chinesische Aktivität davon positiv sich abheben muß. Ich meine vor allem, daß der westliche Kapitalismus dieAusplünderung der afrikanischen Ressourcen (Gold, Diamanten, Koltan usf.) in vielen afrikanischen Ländern auch und gerade mittels der Anstachelung von Bürgerkriegen, Beseitigung legitimer Regierungen, Aufständen wie in Ruanda, Burundi, der Demokratischen Republik Kongo und westafrikanischen Ländern ins Werk gesetzt hat, mit der Etablierung von Milizenführern, die die Rohstoffplünderungen zugunsten westlicher (und vielleicht auch einiger nicht-westlicher Firmen) ohne jegliche staatliche Einmischung managen durften Sie durften ethnische Konflikte, Massaker, die Rekrutierung von Kindersoldaten und jede Scheußlichkeit ohne Ende praktizieren und praktizieren sie noch.
Nur an einer Stelle kommt French in die Nähe der Erwähnung dieser Dinge, S. 128f., wo er das Treiben des Milizenführers Sankoh in dem westafrikanischen Staat Liberia schildert. Er „vergißt“ zu erwähnen, an welche internationalen westlichen Firmen die geplünderten Diamanten etc. gingen.
Dies alles durfte sich in den letzten Jahrzehnten, insbesondere auch nach dem Sturz der Regierung von Laurent-Désiré Kabila im Kongo, in weiten Teilen Afrika abspielen – während NGOs, Kirchen und auch Regierungen der westlichen Länder, in denen die Drahtzieher vieler solcher Verbrechen unbehindert agieren und weiter agieren, der Bevölkerung in den Ohren lagen mit ihren schönen Idyllen von ein bißchen Entwicklung Afrikas ohne nennenswerte Entwicklung dortiger Industrie, vom Bohren kleiner Brunnen und der Teuflischkeit großer Staudämme….
Ein weiterer wenig schöner Aspekt des „Westens“ besteht in der US-Politik der Etablierung von militärischen Stützpunkten, sog. Beistandsabkommen u. dergl. in vielen afrikanischen Ländern. Oft werden solche militärischen „Kooperationen“ mit der Begründung des sog. Kampfes gegen den Terrorismus herbeigeführt oder afrikanischen Regierungen abgezwungen, eines Terrorismus, dessen die US-Regierungen sich seit geraumer Zeit bestens zu bedienen wissen, wenn es um ihre geostrategischen militärischen Unterfangen geht. Kein Wunder, daß China vergleichsweise gut dasteht in Afrika, denn bis jetzt unterhält es weder, ungleich den USA, neben den Beziehungen zu den Regierungen auch noch untergründige Beziehungen zu Putschisten, Milizenführern, islamistischen Terroristen usf., noch will es Militär stationieren und eingreifen lassen – bis jetzt wenigstens; es ist allerdings nicht ausgeschlossen, daß auch China in Zukunft zu ähnlichen Mitteln greifen wird.
Zu Pkt.3 muß ich mich sehr zurückhaltend äußern. Ergeben sich aus der neuen imperialistischen Konkurrenz in und um Afrika, angesichts der spezifischen chinesischen Variante, die nunmehr im Spiel ist, andere, bessere Entwicklungschancen für die afrikanischen Gesellschaften selbst als bisher? Auch wenn der neue chinesische Kolonialismus manche unschönen Charakterzüge trägt und vielleicht in der Zukunft noch unschönere zutage wird treten lassen, vermute ich doch auch positive Impulse. Ein Teil der Produktivkräfte Afrikas wird durch China heute doch in viel größerem modernerem Stil entwickelt als zuvor durch die alten Kolonialmächte, durch den Neokolonialismus Marke USA, Weltbank und IWF und die oftmals inkompetenten und korrupten einheimischen Machthaber. Vielleicht fördert dies realistische Einschätzungen der eigenen Potentiale und Chancen durch Afrikaner selbst und weiteres politisches Erwachen.
Zu Pkt. 4 schließlich, zu Vermutungen über die Auswirkungen des chinesischen Engagements in Afrika auf die internationalen Kräfteverhältnisse, auf die Beziehungen zwischen den USA, China, Europa, Russland etc. muß ich noch vager bleiben.
Zweifellos allerdings wird Chinas ökonomische Bedeutung für die Weltwirtschaft durch eine zu erwartende Ausweitung und Vertiefung der kapitalistisch-kolonialen Beziehungen zu Afrika bzw. wesentlichen Teilen Afrikas enorm weiter zunehmen. Die Kontrolle über große Teile der unermeßlichen Rohstoffe und Ernährungspotentiale Afrikas durch China würde der Herausbildung einer – zumindest ökonomischen – Supermacht, die die USA weit hinter sich läßt, weiteren Schub verleihen – und die Potentiale militärischer Auseinandersetzungen, bspw. mit den USA über die ozeanischen Transportwege zwischen China und Afrika, weiter aufladen.
Folglich hätten wir neben dem Komplex „Eurasien“, der derzeit vor allem angesichts der Auseinandersetzungen um die Ukraine gern kommentiert wird, das Konzept einer weiteren interkontinentalen Klammer, die vor allem von China angestrebt wird und in deren Nutznießerschaft China andere Staaten, dort Russland und die EU, hier afrikanische Staaten und vielleicht auch noch andere in Asien einzubinden versucht sein könnte.
Bei French wird man kaum auch nur das Anreißen solcher Problemfelder finden. Die obigen Bemerkungen unter den Punkten 1-4 gehen nicht oder kaum auf ihn zurück.
[i] Auch an anderen Punkten wird Frenchs direkte politische und ideologische Zugehörigkeit zum US-Imperialismus deutlich, so an seiner dämlichen Polemik gegen die innere Politik Mao Zedongs ( Großer Sprung, Kulturrevolution), und auch an seiner immer wieder bezeugten Anhänglichkeit an die Lehre von der Begrenztheit der menschlichen Entwicklung durch die angeblich drohende Erschöpfung der Ressourcen. Während die US-Gesellschaft selbst nicht wenige bedeutende wissenschaftliche und technische Beiträge zur Überwindung der Probleme der möglichen Erschöpfung konventioneller Ressourcen erbracht hat und weiter erbringt, predigen der mainstream von Politik und Medien seit Jahrzehnten das Evangelium der Selbstbeschränkung wg. der angeblichen Erschöpfung der Ressourcen, und ermöglichen, auch auf diesem Wege, die weitere überhaupt nicht beschränkte Bereicherung der imperialistischen Oberschichten. Dieser Trend gilt im gesamten „Westen“. Chinas Expansion durchkreuzt diese Propaganda, und auch seine Politik in Afrika richtet sich nicht danach.
(Überarbeitung eines Absatzes 09.06.2014)
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