Auf einmal hießen wir alle „Charlie“, wenn es nach den großen Medien ginge, und verteidigten die Meinungsfreiheit gegen islamischen Terrorismus.
Ach wie nett.
Und was ist mit den tausendfachen engen Beziehungen unserer Politiker und Kapitalgesellschaften zu den Paten solcher Terrorakte, den Geldgebern weltweiter islamistischer Umtriebe, den Potentaten vom Golf, den Chefs von Saudi-Arabien, Katar, Kuweit usw? Hieß es nicht noch vor kurzem ganz offiziös in unseren Qualitätsmedien, zusammen mit diesen Ehrenmännern gelte es in Syrien Baschar-el-Assad wegzuräumen und der „Demokratie“ zum Durchbruch zu verhelfen?
War nicht das französische Establishment gerade erst ganz vorn mit dabei, in Libyen einer ähnlichen „Demokratie“ Oberwasser zu verschaffen? Wenn man es etwas genauer benennen will: einem Dauerkrieg der verschiedenen islamistischen Banden untereinander, während das Öl für extra billig außer Landes geschafft wird? Da fällt mir beispielsweise auch eine gewisse FIFA ein, eine der Spitzenorganisationen der medialen Inszenierungen von Sport, des alten Treibens „Brot und Spiele“, mit dem die Menschen abgelenkt werden davon, was wirklich in der Welt vorgeht und dass sie dazu nichts zu sagen haben. War es nicht die FIFA , die gerade erst mit Katar milliardenschwere Showpläne vereinbart hat, während die Söldner des Emirs von Katar, neben denen anderer Potentaten, in Syrien dabei waren und sind, das Land völlig zu ruinieren und Millionen von Menschen ins Ausland zu jagen?
Zu den Karikaturisten: es ist total billig, über den Islam Witze zu machen. In welche politische Richtung sich solche Witzeleien einfügen, was damit bewirkt wird, ist etwas schwieriger zu behandeln.
Der Islam ist die bisher noch dominierende Religion, genauer gesagt, die dominierende Lehre von Gesellschaft, Moral und Politik in vielen Ländern der Welt, deren gesellschaftliche Entwicklung seit Jahrhunderten zurückgeblieben ist. Fast alle diese Länder sind in der Zeit des Kolonialismus von entwickelten kapitalistischen Ländern in kolonialistischer Manier vergewaltigt und ausgebeutet worden, so Ägypten, die Levante mit Palästina und Syrien, ganz Nord- und Nordwestafrika, Indien mit seiner bedeutenden islamischen Minderheit, Indonesien etc. Es ist keineswegs nur die altertümliche und autoritäre Lehre des Islam selbst, der solche Länder an moderner Entwicklung gehindert hat, sondern auch das frühere Kolonialregime namentlich der Engländer und Franzosen und später das Neokolonialregime mit den USA an der Spitze und Israel als wichtigstem direkten Verbündeten, sowie den Königen, Scheichen und Emiren als weiteren Verbündeten der USA und „des Westens“ überhaupt.
Dieser ehrenwerte Klub der internationalen Milliardäre und Billionäre hat den Irak kaputtgeschossen und gespalten, hat Libyen und Syrien in eine abgrundtiefe Katastrophe gestürzt und steckt hinter dem ganzen Theater terroristischer Gruppen, das uns die Medien permanent ins Haus drängen. Im Falle des Anschlags vom 11.9.2001 in Manhattan ist die Komplizenschaft überdeutlich geworden. Die USA brauchten so etwas, um ihre weltweite Überwachung und militärische Expansion zu rechtfertigen, die erneut gerade auch islamische Länder wie Afghanistan schwer getroffen hat. Daß allerdings dortige „Taliban“ in der Lage oder bereit wären, ihren Anhängern zu erklären, daß sie das Opfer einer Allianz der USA mit den Hütern der heiligen Stätten in Mekka sind, dürfte, wenn überhaupt, nur selten vorkommen.
Die Kränkung, das Gefühl der Benachteiligung durch eine arrogante westliche Gesellschaft sitzt in vielen Muslimen tief, während noch immer innerliche Bindungen an die ererbte islamische Lehre vorhanden sind. Viele bemühen sich, im ererbten Rahmen dieser Sittenlehre anständige Menschen zu sein. Eroberungs- und Unterwerfungs-Fantasien gegenüber dem Westen dürften nur bei einer Minderheit einer Rolle spielen. Was für einen Sinn ergibt es nun eigentlich, wenn solche Blättchen wie „Charlie Hebdomadaire“ oder vor einigen Jahren die dänische „Jyllands Posten“ sich über den Propheten lustig machen, wohl wissend, daß viele Millionen Muslime, so wie die Mentalitäten nun einmal sind, kaum wirksamer vor den Kopf gestoßen und an westliche Arroganz gemahnt werden können als auf diese Weise? Daß es für die Imame, Hodschas etc. kaum wilkommenere Anlässe geben dürfte, ihre Schäfchen erneut unter der Fahne des Propheten zu sammeln als solche provokatorischen Inszenierungen? Wenn man Agenten eines vom westlichen Imperialismus betriebenen „clash of civilizations“ suchen wollte, einer Lehre, nach der die unterdrückerische Arroganz des Westens gegenüber den muslimischen Völkern irgendwie fortgeführt werden sollte, könnte man mit Recht auch solche kulturlosen Witzemacher nennen. Gegenüber dem eigenen herrschenden System der internationalen Finanzaristokratie sind solche Witzblättchen essentiell ziemlich sprach- und witzlos.
Manchmal kommt einem das Treiben ähnlich vor wie das mobbing in einer Schulklasse gegenüber Mitschülern, die vielleicht etwas langsamer sind oder sich durch Eigenheiten der Kleidung unterscheiden. Das mobbing hilft weder ihnen noch den Mobbern selbst, es lenkt nur vom Wesentlichen ab. Ähnlich solche Empörungs-Veranstaltungen wie jetzt nach dem Anschlag in Paris. Es käme eigentlich darauf an, gemeinsam mit der Mehrheit der muslimisch geprägten Bevölkerungsteile gegen die herrschenden Ausbeuter und Manipulateure vorzugehen und gemeinsam eine modernere Mentalität zu entwickeln. Ein solcher Anschlag einschließlich seiner medialen Nutzung aber dient eher dazu, verschiedene Bevölkerungsteile, muslimische und nicht-muslimische, einander zu entfremden. Der Feind der Meinungsfreiheit sitzt nicht nur als Islamist in einer Moschee, sondern viel höher, in westlichen Innenministerien, NSAs, Googles, Lügenredaktionen etc. Wo es ganz andere, enorme gesellschaftliche Probleme gemeinsam anzugehen gälte, soll man sich über religiöse Traditionen entzweien.
So wie der islamische Klerus mehrheitlich gestrickt ist, wird er nicht versäumen, die Affäre seinerseits zur verstärkten Abspaltung der Muslime in den modernen westlichen Gesellschaften zu nutzen. Wenn man nach Hinterleuten des Anschlags sucht, dürfte man es mE durchaus in den internationalen islamistisch-klerikalen Netzwerken a la Saudi-Arabien versuchen, aber auch unsere eigenen geheimdienstlichen Subkulturen sollte man von den Ermittlungen nicht ausnehmen – das sei fast schon routinemäßig hier angemerkt.
Interessant an einer aktuellen Erscheinung wie PEGIDA ist u.a., wie sich das generelle Mißtrauen gegenüber dem finanzkapitalistisch-bürokratischen Establishment, das uns beherrscht, hier erstmals ansatzweise organisiert auf der Straße zu Wort meldet. Das Mißtrauen ist berechtigt, nicht nur gegenüber der offiziellen Bevölkerungs- und Einwanderungspolitik, sondern auch bspw. der Finanzpolitik, der Klima- und Energiewende-Politik der herrschenden Kreise. Offensichtlich werden hier viele negative Beobachtungen in der Bevölkerung angesprochen und kumuliert. Im Establishment zeigt sich zum ersten Mal seit langem deutlich so etwas wie Alarmstimmung, weil die alten Sprüche nicht mehr ziehen. Man versucht, diese neue Regung durch Diffamierung im Keim zu ersticken, führt Elemente von Rückständigkeit, gar Rassismus an, die sich naturgemäß in einem solchen Umfeld zu Wort melden, aber bisher nach meinem Eindruck nicht die Essenz von so etwas wie PEGIDA bilden. Man hofft insgeheim, dass gerade solche reaktionären Elemente dort stärker werden, den berechtigten Protest verfälschen und dem Establishment politische Handhaben bereitstellen werden, um mit dem Unwillen der Bürger fertig zu werden, ohne groß darauf eingehen zu müssen. Insbesondere hofft man, so etwas wie Islamophobie zu züchten, d.h. eine Einstellung, die sich nicht in Richtung von mehr Verständnis für religiöse und moralische Traditionen aus zurückgebliebenen Teilen der Welt entwickelt, sondern in Richtung eines „clash of civilizations“, genereller Verständnislosigkeit und Überlegenheitsdünkels auf der einen Seite, der Neigung zu reaktionärer Gewalttätigkeit gegenüber der deutschen oder französischen Mehrheitsgesellschaft auf der anderen Seite.
In solche politischen Absichten paßt ein Ereignis wie das in Paris eigentlich nicht schlecht hinein.
In Syrien, Libyen, dem Irak wurden in den letzten Jahren unter entscheidender Verantwortung der USA, Frankreichs, Großbritanniens und, wenn auch weniger radikal, auch der Bundesrepublik Deutschland gesellschaftliche Katastrophen verursacht, die u.a. auch zu millionenfacher Flucht führen mussten. Naturgemäß müssen die Flüchtlingsmassen nach Europa drängen. Jetzt kommen die ersten Millionen hier an, viele weitere werden zu folgen versuchen. Es ist im Kern berechtigt, wenn gefragt wird, in welchem Umfang und in welchen Formen es die Aufgabe der europäischen Bevölkerung sein solle, dieses Elend mitzutragen und abzufangen. An erster Stelle müsste gefragt werden nach der Rolle unseres herrschenden westlichen Establishments bei der Verursachung und weiteren Verschärfung dieses Elends und seiner Fluchtbewegungen, sowie bei unseren schon seit langem angelegten inneren demografischen Problemen, mit denen mittlerweile hier anscheinend jede Art vermehrter Einwandung gerechtfertigt werden soll.
Rechenschaft von der Regierung zu fordern für ihre Bevölkerungs-, Einwanderungs- und Außenpolitik, Mitsprache bei der zukünftigen Politik zu fordern ist elementares demokratisches Recht. Ich kann mich nicht erinnern, das Establishment jemals in mehreren vergangenen Jahrzehnten so angestochen erlebt zu haben wie jetzt, wo sich andeutet, daß Demokratie einmal anfangen könnte, sich auf bestimmten wichtigen Gebieten geltend zu machen. Demokratie ist etwas andere als Parteienkungelei.
Man hofft im Establishment auf die Herausbildung und Verfestigung genau derjenigen Haltungen, die man den Massen ja so gern vorwirft, um sie mundtot zu machen, zu gängeln, zu bevormunden und letztlich zu unterdrücken. So wie es schon seit langem unter Funktionären von SPD und Grünen heißt, der Rassismus entspringe in der Mitte der deutschen Gesellschaft – was in der Konsequenz nur heißen kann, eine solche Gesellschaftsmitte müsse radikal unterdrückt werden.
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