Klimapolitik und Finanzkapitalismus

Im Zusammenhang mit dem jüngsten G7-Gipfel in Deutschland stellte die „FAZ“ am 01.06.15 die interessante Frage:

„Bedroht der Klimawandel die Finanzmärkte?“

(Diesen Artikel empfehle ich zunächst einmal zu lesen, weil die darin berichteten Vorgänge noch relativ wenig bekannt sein dürften.)

Die Frage der“FAZ“ ist zwar irgendwie schief, wie ich im weiteren auszuführen versuche, doch kommt man mit den Fakten, die sie berichtet, interessanten Zusammenhängen schon etwas näher.

Noch näher allerdings, wenn man die Frage  etwas umbauen wollte, etwa so:

„Betreiben die Finanzmärkte die Politik des Klimawandels?“

Diese Umakzentuierung mag etwas harsch erscheinen, liegt aber so fern auch wieder nicht, wenn man sich bestimmte Grundgesetzmäßigkeiten des Finanzkapitalismus heutiger Prägung vergegenwärtigt.

Dazu gehört jedenfalls die permanente Umwertung der Finanzwerte, die Entwertung traditioneller Kapitalien, die Umleitung der Finanzkapitalmassen in neue Unternehmen, neue Geschäftsfelder, in neue Blasen, die dann auch wieder, in neuerdings immer schnellerem Rhythmus, entwertet werden, usw. Manchmal fällt der Ausdruck Volatiltät. Dass der moderne Kapitalismus ohne Blasen, die Schuldenpyramiden  und die entsprechenden Krisen seit langem schon gar nicht weitermachen könnte, ist mittlerweile mehrfach thematisiert worden.

Die Akteure des Finanzkapitals (die großen Banken, Hedgefonds, Schattenbanken und wie auch immer die heutigen Organisationsformen des Finanzkapitalismus typisiert werden können), existieren nicht in erster Linie durch die Dividenden irgendwelcher Investitionen, sondern sie leben von der universellen Bewegung der Werte. Statt auf ruhige See und sichere Häfen zu setzen, peitschen sie das Meer zu Stürmen auf, in denen viele untergehen. Sie verdienen in erster Linie an der permanenten Unruhe im Kapitalismus, an den Spekulationsblasen, an den Krisen (wie auch gerade die jüngste sog. Finanzkrise mit ihrem Bedeutungs- und Reichtumsgewinn für das verursachende Finanzkapital gezeigt hat).

Die Regierungen aber sind mit diesen finanzkapitalistischen Interessen und Akteuren sehr eng verbunden, existentiell verbunden schon einmal durch das System der Staatsverschuldungen und die Abhängigkeit der Politik von der Kreditwürdigkeit, die Regierungen beim internationalen Finanzkapital genießen oder nicht genießen. Auch wenn das eine oder andere mal reguliert werden sollte: im wesentlichen verdankt dieser radikale Finanzkapitalismus der letzten Jahrzehnte seinen Aufstieg den durchgreifenden Deregulierungen durch die Regierungen.

Die Akteure des Finanzkapitals verdienen z.B. an den Provisionen für Abwicklungen von Kapitalien, an den Umstrukturierungen des Kapitals in neue Geschäftsfelder und Kapitalgruppierungen, an den Spekulationsgewinnen (oft aufgrund selbst veranlasster Unruhe), den von daher ständig steigenden Investment-Versicherungen, den Staatsverschuldungen und was es alles noch an Möglichkeiten geben mag, der Gesellschaft weitere Tribute aufzuerlegen.

Diejenigen, die wesentlich selbst Erzeuger der Unsicherheit, der Krisen und Katastrophen sind, sehen sich gleichzeitig als die selbsternannten bzw. von den Regierungen beauftragten Manager des Chaos und reißen damit immer größere Teile des gesellschaftlichen Reichtums an sich.

Unter diesem Aspekt können finanzkapitalistische Initiativen, die nun massiv zum Ausstieg aus Investments in Unternehmen der Kohle-, Öl- und Gasindustrie raten und die eigentlich profitträchtige Zukunft in den sog. Erneuerbaren Energien sehen wollen, nicht sonderlich befremden. Es ist nicht nur die enorme zusätzliche Volatilität, die hier den Kapitalmärkten injiziert zu werden und den finanzkapitalistischen Akteuren weitere Tribute in die Bilanzen zu spülen verspricht. Es sind auch – und vor allem – die unermesslichen Neuinvestitionen in die sog. erneuerbare Energien, die mithilfe der Regierungen den Gesellschaften abgepresst zu werden drohen, durch die Bilanzen des Finanzkapitalismus Marke London und New York wandern und dort natürlich die entsprechenden Profite generieren sollen. (Dazu gehört natürlich solch ein relativ kleiner, aber nicht weniger bösartiger Mitspieler wie die „Deutsche Bank“ – wenn er nicht demnächst abgewickelt werden sollte – aber das nur am Rande). Über solche Zusammenhänge habe ich mich seit einigen Jahren mehrfach auf diesem Blog geäußert.

 

Wie gesagt, es ist gut, dass derartige Zusammenhänge in die Nähe der öffentlichen Erörterung gerückt werden. Man kann zwar von einem mainstream-Organ wie der FAZ nicht erwarten, den Propagandanebel von wegen „Klimawandel“ wegzublasen, mit dem – auch unter ihrer eigenen jahrelangen tatkräftigen Mitwirkung – der nur durchschnittlich begüterte und politisch nur wenig durchblickende deutsche Mehrheitsbürger zur Akzeptanz gebracht werden soll. Sie wird den Teufel tun und das finanzkapitalistische Regime, die Spitze des modernen Kapitalismus und den Kern der regierungsamtlich betriebenen perversen Gesellschaftsumgestaltungen, beim Namen zu nennen. Das müssen dann eben andere tun.

Es genügt hier aber nicht – so viel an die Adresse von Kritikern des Ökokurses,wie sie sich zunehmend öffentlich zu Wort melden – „falsche“ Ideologien wie z.B. die vom Klimawandel und dem notwendigen Öko-Umbau der gesamten Gesellschaft – zu kritisieren und zum dreitausendsten Male nachzuweisen, was hier alles nicht stimmt und wie gelogen wird. Man kommt nur weiter, wenn man die kapitalistischen Interessen hinter den Lügengebäuden aufzeigt. Der Klimawandel ist gar keine „falsche Ideologie“, es handelt sich nicht im Kern um eine „Ökoreligion“ , auch wenn es viele derartige Symptome gibt. Es handelt sich vielmehr um den Propagandanebel rund um bestimmte Strategien der Kapitalverwertung im 21. Jahrhundert. Er wird verbreitet von den Akteuren und Profiteuren des Kapitals, ohne dass diese selbst daran glauben müssten. In der Regel werden sie es wohl auch nicht tun, „nur das dumme Kirchenvolk muss glauben“.

Solange diese Interessen nicht als zentrale Treiber hinter der Politik des Öko-Umbaus kritisiert werden ( es sind allerdings nicht die einzigen – das aber führte hier zu weit) und stattdessen bloß irgendwelche grünen Lobbies, irgendwelche nicht durchblickenden Politiker oder Parteien namhaft gemacht werden (die es allerdings reichlich gibt), wird sich nichts ändern, und wir bekommen mit größter Unverschämtheit erneut solche Absichtserklärungen wie vom jüngsten G7-Treffen serviert.

Ein wesentlicher Aspekt der seit Jahrzehnten wachsenden Dominanz des Ökodenkens in der westlichen kapitalistischen Welt besteht in Folgendem: man versucht die explosive Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte (Wissenschaften, Kultur, IT, Automatisierung etc., auch das Aufwärtsstreben der früheren kolonialen und halbkolonialen Welt) den herrschenden kapitalistischen Profitstrukturen und politischen Strukturen einzupassen, unterzuordnen – und sie ggf. massiv zu verkrüppeln, wenn es anders nicht gelingt. Die Kapitalverwertung unter dem herrschenden finanzkapitalistischen Überbau funktioniert nur noch auf den Krücken zunehmend manipulativer und auch gewaltsamer Produktivkraftvernichtung. Man denke nur an die unglaublichen Massen an Luxus-, Tand- und Schrottproduktion und den entsprechenden Konsum in solchen Ländern wie USA, Frankreich und Deutschland, man denke an die alle konventionelle Vorstellungskraft überfordernde Rüstung, wie sie die USA betreiben, und die entsprechenden kriegerischen Zerstörungen in vielen Teilen der Welt. Um es sehr vereinfachend in ein Bild zu bringen: die finanzkapitalistische Potenz muss in den Händen der entsprechenden Eliten bleiben, indem Unterentwicklung und Armut in großen Teilen der Welt bestehen bleiben, und indem die Bevölkerungen der reichen Länder überwiegend in Spaß- und Ökotreiben versumpfen.

(Dies war bereits als Kern solcher initialer Öko-Programme wie denen des „Club of Rome“ eingangs der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts erkennbar und wurde in diesem Sinne längst von Hartmut Dicke/Klaus Sender  und der von ihm geführten Organisation („Neue Einheit“) publizistisch angegriffen, während praktisch alle anderen damals aktiven linken Organisationen die Ökolehren übernahmen, zu Werkzeugen derselben und damit letztlich des internationalen Finanzkapitals degenerierten.)

Die Kapitalismus-Analyse sollte nicht beim Konstatieren der offensichtlichen Verfalls-Symptome stehen blieben, sondern sie muss die Produktivkraft-Vernichtung als zentrale Notwendigkeit dieser Produktionsweise in ihrer Entwicklung im 21. Jahrhundert thematisieren. Die enorme Steigerung der menschlichen Produktivkräfte, die weitergeht und weiter zunimmt, stellt gleichzeitig die existierenden kapitalistischen Eigentums- und Machtstrukturen permanent in Frage und muss schon von daher zunehmend mit Strategien ihrer Kanalisierung, Pervertierung und Kupierung einhergehen. Die Politik der sog. Erneuerbaren Energien ist hier ein herausragendes Beispiel. Hier werden bestehende Strukturen der Produktion von Energie und der Versorgung von Gesellschaften gewaltsam, per Regierungs-Diktat, zum Abbruch gebracht und durch eigenartige neue Strukturen „ersetzt“. Zu deren Hauptkennzeichen gehört, dass die erforderlichen Investitionen den Gesellschaften enorme Tribute an Produktivkraft und Vermögen abverlangen, indem sie gleichzeitig auch noch die Alltagsbedingungen für die Mehrheit der Bürger deutlich verschlechtern; dass ihr Betrieb auf lange Sicht noch viel teurer, unsicherer und unpraktischer zu werden verspricht als die bisherigen Strukturen; profitträchtiger und nachhaltiger allerdings sehr wohl für das beteiligte Finanzkapital.

Man mag über die bisherigen Strukturen, die i.w. auf fossile Energien aufbauen, viel Kritisches sagen; was aber Verschleuderung von Ressourcen, Umweltschädigung und ökonomische Unvernunft – für die überwiegenden Mehrheiten der Gesellschaft – betrifft, werden sie von den sog. sog. erneuerbare Energien locker getoppt. Wenn man von Nachhaltigkeit sprechen will: nur die Nachhaltigkeit des finanzkapitalistischen Betriebs wird hier gesichert, alle andere geht den Bach hinunter. Die Riegen der internationalen Milliardäre und Multimilliardäre werden weiter anschwellen, die Budgets der 90% Durchschnittsbürger werden schrumpfen.

 

 

Hier möchte ich noch einige weitere konkrete Aspekte der aktuellen Situation ansprechen: die abnehmende Rolle solcher Gruppen wie der G7 in der Weltpolitik und die besondere Gefährdung Deutschlands durch die Ökopolitik.

Wie weit die unverschämte Realitätsverleugnung durch die mainstream- Medien(d.h. von den westlichen finanzkapitalistischen Interessen gesteuerten Medien) inzwischen geht, lässt sich u.a. an der Etikettierung des Treffens in Oberbayern als „Treffen der 7 wichtigsten Wirtschaftsnationen der Welt“ ablesen. Es handelt sich i.w. um die USA und Deutschland und Japan, ergänzt um kleinere ökonomische Akteure wie Frankreich, Italien, Großbritannien und Kanada, während die ökonomische Supermacht China , aber auch andere Länder fehlen, die eigentlich dabei sind, immer größere Anteile des weltweiten Kapitals zu generieren und zu repräsentieren.

Gemeinsam ist den G7 der seit langem dominierende Trend der Desindustrialisierung und Verökologisierung der Parteien, Regierungen und öffentlichen Meinungsbildner. In diesen Ländern hatte sich seit Jahrhunderten die Produktivkraftentwicklung der Welt konzentriert, hier hat der Kapitalismus selbst die Potenzen geschaffen, mit denen er nun zunehmend nicht mehr fertig wird, und hier konzentriert sich konsequenterweise seit Jahrzehnten immer stärker die Dominanz des Finanzkapitalismus und der Ökopolitik. Große Teile ihrer industriellen Potenzen haben diese Länder nach außen verlagert, vornehmlich nach China. Auch wissenschaftliche Potenzen wandern ab bzw. werden zur Abwanderung gezwungen, während im Innern das Niveau in Schul- und Hochschulbildung ständig sinkt, bzw. durch die herrschende Politik regelrecht gesenkt wird.

Zunehmend werden im Zuge solcher weitgehend selbst veranlasster Entwicklungen aber auch essentielle globale Machtverschiebungen unvermeidlich und deutlich.

Nicht nur dass bspw. China sowieso nicht in die Politik des Ausstiegs aus Kohle, Öl etc. eingebunden werden kann (und somit das gesamte Gerede vom Klimaschutz von vornherein als reine Propagandamasche westlicher Regierungen erscheinen lässt) ; es zeichnet sich im weltweiten Kapitalismus ein neues Machtzentrum ab mit China als Zentrum, das geopolitisch-militärisch die Hegemonie der USA mit ihren bisherigen Bündnispartnern wie den übrigen G7-Staaten in Frage stellt.

Ob die Ansprüche des gegenwärtigen chinesischen bürokratisch-kapitalistischen Systems auf die Welthegemonie – Stichwort: Erschließung „Eurasiens“ – Chancen auf Verwirklichung haben, und ob diese Ansprüche die Lage der Weltgesellschaft prinzipiell zu verbessern in der Lage wären, sind allerdings andere Fragen. Aber wenn man solche Propagandawolken wie vom G7-Gipfel bewerten will, kommt man nicht um den selbstverschuldeten Bedeutungsverlust dieser Akteure herum. Was wäre z.B. zu erwarten, wenn sich die Spannungen zwischen China etc. einerseits, den USA etc. andererseits in absehbarer Zeit deutlich verschärfen, einschließlich militärischer Auseinandersetzungen; wenn globale Wirtschaftsstrukturen auseinanderbrechen und solche Gesellschaften wie die europäische gezwungen wären, mit der Vernichtung ihrer eigenen Produktivkräfte etwas vorsichtiger umzugehen und auf ökonomische, wissenschaftliche und militärische Wiedererstarkung zu setzen?

Was die besondere Gefährdung Deutschlands und Europas schließlich betrifft: anscheinend wird nur hier in Wirklichkeit mit den sog. erneuerbare Energien Ernst gemacht. Man glaube doch nicht im Ernst, dass die USA, von China und anderen aufstrebenden Ländern ganz zu schweigen, in solch einschneidendem Maße ihre Energieversorgung von den fossilen Energieträgern auf die sog. erneuerbare Energien umstellen werden, wie das in Deutschland, bisher wenigstens, dermaßen stur und mit Einverständnis aller Kapitalistenverbände durchgezogen wird. Abgesehen davon steigen die USA auch nicht aus der Kernenergie aus. Dort wird es weiterhin Energie in erforderlicher Menge, mit einiger Sicherheit und jedenfalls zu niedrigeren Preisen geben als in Deutschland. Der weitere Desindustrialisierung-Schub trifft mit besonderer Härte Deutschland. Diejenigen Manager und Eigner, die vielleicht immer noch meinen, mit der Produktion von ein paar Windrädern und neuen Strommetzen etc. noch was verdienen zu können, während die essentielle Industrieproduktion immer weiter nach außen verlagert werden muss, sind mental korrumpiert und tendieren mittlerweile zu primitiven Formen der Dummheit. Auch auf diese Weise findet in unserem Land Produktivkraft-Vernichtung statt.

(Ein paar Umformulierungen und Ergänzungen wurden am 11.6.15 vorgenommen)

 

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