‚Wrackt die EU ab‘ – Stimmen aus den USA und China

Die “South China Morning Post” bringt am 22.11. 16 einen Artikel des Harvard-Professors Niall Ferguson mit geostrategischen Überlegungen über eine mögliche künftige Trump-Allianz zwischen USA, Russland und China, bei der Deutschland und Japan die größten Verlierer wären. Die “South China Morning Post” (SCMP) erscheint in Hongkong und gehört dem chinesischen Alibaba-Konzern. Ferguson verweist auch auf ein jüngst erschienenes Buch von Henry Kissinger.

Ferguson zufolge ist  der ‚Zusammenbruch staatlicher Macht in Europa zu erwarten wegen der Unfähigkeit europäischer Führer zu akzeptieren, dass Diplomatie ohne glaubhafte Drohung mit [militärischer] Gewalt nichts weiter als heiße Luft ist‘ („Collapse of European hard power due to the inability of European leaders to accept that diplomacy without the credible threat of force is just hot air….“).

Weiterhin meint Ferguson, selbstverständlich wäre der Rest der Welt der Verlierer gegenüber einer solchen Gemeinschaft der Großmächte USA-China-Russland.

Japan und Deutschland wären die größten Verlierer.  Europa werde der Status einer Großmacht aberkannt. („As a corollary, the three powers might agree on the demotion of Europe from great power status. Self-evidently, the rest of the world would be the losers of such a great power condominium. Japan and Germany would be the biggest losers.”)

Man sollte solche politischen Wünsche und Vorschläge in Europa und in den europäischen „Qualitätsmedien“ endlich einmal zur Kenntnis nehmen und sich damit auseinandersetzen. Solche Ideen sind immerhin nicht neu, sie sind längst pre-Trump, bekommen aber mit dessen Präsidentschaft mehr Gewicht, auch wenn noch dahingestellt sein mag, ob Trump ihnen tatsächlich folgen wird. Aber jedenfalls muss man damit rechnen, dass gewisse politische Kräfte in den USA und in China, vielleicht auch in Russland Derartiges versuchen werden.

Soweit ich internationale Presse verfolge, ist der Tenor: `die EU ist erledigt, wird jetzt abgewrackt‘ derzeit recht verbreitet, und der Verweis Fergusons auf ihre militärische Inferiorität trifft in der Tat einen wunden Punkt.

Ob allerdings die große Allianz USA-China-Russland sich überhaupt herstellen lässt, daran darf man auch zweifeln.

Immerhin hat die chinesische Führung deutlich wissen lassen – und sie braucht das auch, um nach innen die Macht behaupten zu können -,  dass sie die USA demnächst ökonomisch, politisch und militärisch vom ersten auf den zweiten Rang zu verweisen gedenkt. Und Russland dürfte wenig Interesse daran haben, von den beiden anderen dauerhaft in eine subalterne Rolle (des Rohstofflieferanten und militärstrategischen Hinterlands) verwiesen zu werden. Wegen derartiger Widersprüche gibt es mE durchaus strategischen Manövrierraum für andere, nicht zuletzt die EU. Und die Welt besteht auch nicht nur aus den drei Großen, die Ferguson für die Weltherrschaft prädestiniert sieht, plus einer schlachtreifen EU, aus der die Großen die Substanz zu saugen gedenken, sondern auch aus einer großen Anzahl potentieller weiterer Verlierer auf vier  Kontinenten. Ökonomische Kraft und politisch-kulturelles Selbstbewusstsein sind in vielen Teilen der Welt heute stärker als in den Zeiten des Kolonialismus, und wahrscheinlich bedeutender,  als es dem noch immer mächtigen US-Neokolonialismus und seinen gewünschten Partnern lieb sein kann.

 

 

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