Jaroslaw Kaczynski, Vorsitzender der derzeitigen Regierungspartei PIS in Polen und derzeit wohl einflussreichster Politiker des Landes, hat der „FAZ“ ein ausführliches Interview gegeben, das einige fundamentale Fragen der internationalen Politik berührt, vor allem die internationale Infragestellung der Europäischen Union durch Russland, die Notwendigkeit der Entwicklung angemessener militärischer Stärke demgegenüber; aber auch Fragen der inneren Verhältnisse der EU, die Rolle Deutschlands, die Missachtung nationaler Rechte und Besonderheiten europäischer Länder durch andere und durch die EU-Bürokratie, und einiges Weitere.
Das Interview wird im Online-Auftritt der FAZ in Teilen wiedergegeben, in der gedruckten Ausgabe bzw. der für Abonnenten zugänglichen online-Fassung derselben stehen noch weitere, nicht unwichtige Aussagen, die ernst zu nehmen sind.
Auch wenn man mit Kaczynskis fundamental katholischer gesellschaftspolitischer Orientierung nicht übereinstimmen kann, sind doch mE alle von ihm vorgebrachten Kritikpunkte am inneren Regime der EU substantiell. Weiter unten gebe ich aus dem vollständigen Interview einige derartige Punkte wieder.
Zurückzuweisen allerdings ist seine Kategorisierung des dominierenden Trends der EU- Politik als „links“, obwohl hier in Wirklichkeit eine bürokratische Diktatur des Kapitals, unter der Dominanz des finanzkapitalistischen Sektors des Kapitalismus, zu beobachten ist, m.a.W. etwas ganz Rechtes, Antidemokratisches, die Klassengesellschaft auf die Spitze Treibendes.
Diese krumme Kategorisierung durch Kaczynski hat mit seinen eigenen konservativen Blockaden in der Wahrnehmung der Wirklichkeit zu tun, vor allem mit dem Bestreben, alles Revolutionäre grundsätzlich zu diffamieren und den ganzen Begriff „links“ völlig zu pervertieren. Zugute halten muss man ihm hier andererseits, dass fast jede politische Kraft, die sich als „links“ ausgibt – jedenfalls soweit ich das für das heutige Europa beobachten kann, – eine solche Pervertierung selbst verkörpert. Zentrales Beispiel ist die SPD, die Kaczynski in der Person von Martin Schulz auch zurecht angreift. Die meisten „linken“ Parteien und Initiativen sind in der Regel heute nicht viel mehr als verkappte Zutreiber der finanzkapitalistischen Diktatur. Oft sind sie sogar, bspw. im Falle der Anti-Kernenergie-Bewegung oder des Gender-Aktivismus, besonders fanatische Stoßtrupps der Wünsche dieser kapitalistischen Diktatur. Teilweise, wie die „Antideutschen“ oder ähnliche Erscheinungen der Anarcho-Szene, sind sie auch, und zwar vorwiegend, Stoßtrupps der internationalen Diktatur unter Führung der USA und richten sich direkt gegen berechtigte Selbständigkeitsbestrebungen bspw. Europas. Eine sog. rot-rot-grüne Regierung in Deutschland brächte noch viel größere Unsicherheit und Schwäche für Europa, noch viel mehr Einfluss der USA, Russland und Chinas, die alle vorwiegend auf Abwrackung und Ausschlachtung Europas aus sind, als etwa eine Wiederwahl von Merkel.
Zur Migration meint Kaczynski, dass die europäische Zivilisation, die „menschenfreundlichste in der Geschichte“, liquidiert würde, würde man die Einwanderung von etwa einer Milliarde Menschen auf der Welt, die sich eine Verbesserung ihres Loses durch die Einwanderung erhoffen, zulassen. Wenn Kaczynski betont, dass diese europäische Zivilisation aus dem Christentum hervorgegangen sei, ist dies allerdings unvollständig; sie hat insbesondere in ihrer modernen Entfaltung auch andere Wurzeln, bspw. die radikale Aufklärung, die revolutionären Bewegungen, die Arbeiterbewegung und den historischen Materialismus. Aber er hat Recht damit, die von anderen, gerade von den USA, als Waffe gegen Europa mit angetriebene Migration in solchen Größenordnungen als grundsätzliche Gefahr für alles, was an Europa bewahrens- und verteidigenswert ist, zu sehen. Er spricht sich im übrigen durchaus für eine europäische Pflicht aus, an der Verbesserung der Lage der Menschen an Ort und Stelle, d.h. in ihren Ländern mitzuwirken.
Zum inneren Regime der EU bemerkt Kaczynski u.a., dass die europäische Gesetzgebung reduziert werden müsse auf ihren Kern, „den gemeinsamen Markt, in gewissem Maße den Umweltschutz.“ Niemand aber habe das Recht, den Ländern vorzuschreiben, wie sie die Ehe regelten oder wie sie zu sexuellen Orientierungen stünden.
Es gebe darüber hinaus in der EU eine Tendenz zu radikaler Einschränkung der Rede- und Glaubensfreiheit.
Natürlich hat Kaczynski hier auch wiederum seinen Katholizismus im Auge (der allerdings, wenn er meint sich das erlauben zu können, auch nicht gerade ein Freund von Rede- und Glaubensfreiheit ist). Aber die von ihm benannte Tendenz in der EU richtet sich keineswegs nur gegen einen Katholizismus Kaczynskischer Prägung, sondern überhaupt gegen tiefergehende Kritik an den massiven demokratie- und kulturfeindlichen Richtungen der finanzkapitalistisch-bürokratischen Diktatur. Diese Kritik wird von den mehr oder weniger offiziösen Witzelanten in den Medien vom Schlage einer „Heute-Show“, „Charlie Hebdo“, Herrn Sonneborn und zahllosen Kabarettisten nicht geleistet, sondern abgebogen.
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