Hier zur ersten Kenntnisnahme zwei links zu Berichten aus Frankreich.
Ergänzung 04.12.18: Übersetzung des „Aufrufs der freien Gilets Jaunes“
Am 01. 12 2018 veröffentlichte die französische Zeitung “Journal de Dimanche“ einen „Aufruf der freien Gilets Jaunes“. Ich meine, man sollte ihn zur Kenntnis nehmen – als einen Ausdruck einer sehr gemäßigten und kompromissbereiten Strömung innerhalb der gegenwärtigen Proteste, der jedoch einen kleinen Eindruck vermitteln dürfte von der Empörung über die asoziale und arrogante kapitalistische Politik der regierenden Eliten .
Ich habe den Text aus dem JDD rasch übersetzt, so gut oder schlecht das meine sehr eingeschränkten Kenntnisse der französischen – politischen – Sprache erlauben.
“Die Gilets Jaunes sind Millionen, und niemand besitzt das Monopol, für sie die Worte zu finden oder sie zu repräsentieren. Überall in Frankreich mobilisieren sich seit einigen Wochen die Vergessenen der Republik und alle Opfer eines überholten Systems, um ihr Recht auf ein würdiges und wirtschaftlich angemessenes Leben zur Geltung zu bringen. Ihr Zorn drückt sich überall aus, wo er das kann: in den sozialen Netzwerken, an den Landstraßen, auf der Straße und in den regionalen und nationalen Medien.
Unmittelbar nach der unfruchtbaren Reaktion des Premierministers auf diese Wortmeldung, die vom Volk kam, wollen wir verantwortlich handeln und der Regierung einen Ausweg aus der Krise anbieten. Heute veröffentlichen wir einen Appell an alle Bürger, die nicht mehr bloß die freien Gilets Jaunes gut finden, ermutigen oder unterstützen wollen, sondern zusammen mit ihnen an der engagierten Bewegung teilnehmen wollen, um dabei die Bezugspersonen auf der Ebene der Kommunen und der Departements zu werden. Abseits jeder Radikalisierung und in Übereinstimmung mit den 80% der Franzosen, die uns unterstützen, lasst uns ein machbares und glaubwüriges Projekt konstruieren, im Interesse aller.
Wir meinen, dass die Regierung auf die Empörung nicht mit dem Hochmut einer alternativlosen Politik reagieren darf.
Als engagierte und freie Bürger sind wir seit dem Beginn der Bewegung dabei, um seriösen Forderungen Geltung zu verschaffen. Wir tun das im Respekt vor den Institutionen der Republik, der öffentlichen Ordnung, der Werte und der Personen. Unter diesem Motto bilden wir eine Gruppe engagierter Bürger, welche eine aufrichtige Vertretung des leidenden und sich vernachlässigt fühlenden Frankreich bildet.
Wir wollen die Wortführer einer konstruktiven Empörung sein. Daher strecken wir gegenwärtig die Hand der Regierung entgegen in der Hoffnung, dass sie unsere Forderungen hört, dass sie eine Änderung ihrer steuerlichen Entscheidungen vornimmt und dass sie letztendlich der Gesamtheit der Bürger zugesteht, die Handelnden der Politik in diesem Land zu sein, denn die Demokratie gehört dem Volk.
Wir hören, die Vorschläge der Gilets Jaunes seien schlecht konzipiert; manche sagen: ‚unzusammenhängend‘. Daher wollen wir unsere Forderungen präzisieren. Wir fordern die Einberufung der fiskalischen Generalstände; einer nationalen Sozialkonferenz; von Versammlungen zum Thema ‚Territorien und Mobilität‘, die die Form regionaler Debatten annehmen; die Organisation regulärer Referenden über die großen Linien der Sozial- und Gesellschaftspolitik; die Einführung des Verhältniswahlrechts für die Wahlen zur Legislative, damit die Bevölkerung im Parlament besser repräsentiert ist.
Darüber hinaus fordern wir die unbedingte und sofortige Einfrierung der Steuererhöhungen auf Kraftstoffe und die Streichung der Verschärfung der technischen Kontrolle der Automobile. Besorgt um den Respekt vor den Institutionen und den sozialen Dialog, verurteilen wir alle Formen der Gewalt. Doch meinen wir, dass die Regierung auf die Empörung nicht mit dem Hochmut einer angeblich alternativlosen Politik reagieren darf. Schließlich wünschen wir eine rasche Verständigung, vor der Zeit der Feste zum Jahresende, damit die Wirtschaft des Landes ihre Stärke wiederfinden kann.
Wir halten uns bereit für eine erstes Treffen mit dem Premierminister.
Les porte-parole des Gilets jaunes libres (GiletsJaunesLibres) :
Benjamin Cauchy (Occitanie), Jacline Mouraud (Bretagne), Cédric Guémy (Île-de-France), membres fondateurs ; Chantal Perrotin (Auvergne-Rhône-Alpes), Cédric Delaire (Hauts-de-France), David Tan (Pays de la Loire), Christophe Chalençon (Provence-Alpes-Côte d’Azur), Ghjuvan-Andria Culioli, David Roig (Un espoir pour la Corse), Damien Molin (Nouvelle-Aquitaine).“
Anm.: 1.Mit dem Ausdruck „Einberufung der fiskalischen Generalstände“ nehmen die Autoren, wohl nicht ohne Absicht, Bezug auf die Ausgangssituation der französischen bürgerlichen Revolution 1789.
2. Die Erhöhung der Öko-Kraftstoffsteuern und der, ähnlich wie in Deutschland, auf die Autobesitzer unter Öko-Vorwänden ausgeübte Druck, ihre älteren Fahrzeuge möglichst rasch zu verschrotten und teure neue zu kaufen, hat in Frankreich anscheinend das Fass der Empörung über die generelle asoziale und arrogante kapitalistische Politik zum Überlaufen gebracht.
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Ich verspreche jede sachlich irgendwie relevante Zuschrift dann im Anhang zu dem betr. Beitrag zu veröffentlichen, auch wenn sie mit meinen Ansichten garnicht übereinstimmen kann.