Eine kurze Geschichte der Zerstörung der CDU

Friedrich Merz soll kürzlich Kritik am Kurs der Merkel-CDU geübt haben. Es frage sich, wieso diese Partei nach 14 Jahren „Klimakanzlerin“ die Klimaziele nicht erreicht, hingegen die höchsten Strompreise in Europa und die strategische Kontrolle über das Thema an die Grünen verloren habe.

Die Fragen kann man beantworten, Merz allerdings kann es nicht.

Um eine stark vereinfachte und – zugegeben – recht knallig daherkommende Antwort vorweg zu nehmen:

  1. die „Klimaziele“ ­- eine bedeutende Reduzierung des CO2-Ausstoßes zwecks Reduzierung der Erwärmung der Erdatmosphäre – sind nicht tatsächlich die obersten Ziele der „Klimapolitik“. Deswegen kümmert es  manche Entscheider nicht in erster Linie, wenn die Reduktions-Bilanz schlecht ausfällt.
  2. Die hohen Strompreise sind für die vom Finanziellen angetriebene heutige kapitalistische Ökonomie etwas Gutes, nichts Schlechtes. Wenn die Strompreise hoch sind, fließt viel Geld „aus der Mitte der Gesellschaft“, und wenn viel Geld fließt, geht es dem Finanzkapital gut. Ein wichtiges reales Ziel ist, von diesem Standpunkt aus gesehen, erreicht.  Merz als Insider des Finanzkapitals (Manager bei Blackrock, dem weltweitgrößten Vermögensverwalter) müsste das wissen, aber er darf es nicht sagen. Stattdessen spielt er hier den Anwalt des Stromverbrauchers.
  3. Wenn man wie die Merkel-CDU das Kernelement seiner politischen Propaganda der „grünen“ Weltvorstellung entlehnt, stärkt man diese und führt das eigene Wählervolk schließlich der original-grünen Partei zu.

 

Jemand, der weniger an Kapitalinteressen gebunden ist als Merz und seinesgleichen, könnte versuchen, die Verstrickungen des gesamten Komplexes „Energiewende“ aufzudröseln. Da derzeit allerdings anscheinend niemand sonst da ran gehen will, unternehme ich mit meinen bescheidenen Kräften einen Versuch. Leser müssen leider damit rechnen, dass es etwas länger und umständlicher wird, denn es muss tiefergehend über Antriebe des Kapitalismus, speziell auch des Kapitalismus in Deutschland, und das Verhältnis der CDU zu ihm gesprochen werden.

Meine These: Keine Partei konnte effektiver als die CDU die bisherige große Umgestaltung der Stromwirtschaft seit etwa 1990 durchführen, sowohl den bereits fast vollendeten Ausstieg aus der Kernenergie als auch den jetzigen Einstieg in den Ausstieg aus der Kohlenutzung.

Beide Ausstiege zusammen sollen die Erneuerbaren Energien  als Hauptsäule der Stromversorgung unausweichlich machen.

In Wirklichkeit können die Erneuerbaren Energien  diese Funktion höchstens eingeschränkt übernehmen, denn die Stromversorgung in Deutschland  bleibt in hohem Maße, wahrscheinlich höher als je zuvor, auf Gaskraftwerke zur Stabilisierung des Alternativstroms und auf die Stromzulieferungen aus anderen europäischen Ländern, auf Basis von Kernenergie und Kohle, angewiesen. Dieses Thema wird aber öffentlich kaum beleuchtet, um den Glauben nicht zu erschüttern.

Warum war es  gerade  die CDU/CSU, die am besten diesen Umstieg managen konnte – und  trotz ihrer tragenden Rolle jetzt die Prügel einstecken muss?

Ein Grund liegt wohl darin, dass der Umstieg auf die sog. Erneuerbaren Energien  nur schrittweise, über Jahrzehnte hinweg möglich war und weiterhin nur schrittweise möglich ist – sollte er überhaupt noch sehr viel weiter führen und nicht abgebrochen werden. „Schrittweise“ bedeutet hierbei v.a., dass keine wesentlichen kapitalistischen Interessen unter die Räder kommen, und dass es keine größeren technischen Zusammenbrüche, bspw. blackouts gibt, die in der Bevölkerung Unruhe erzeugen.

Die CDU hat sich unter Merkel zum Werkzeug dieser Transformation gemacht, nachdem die Spitzen des deutschen Kapitalismus zu dem Schluss gekommen waren,  der Weg zu den Erneuerbaren Energien sei für sie der letztlich günstigste (vielleicht vom übergeordneten Lebensinteresse des Kapitalismus her – ich versuche diesen Aspekt weiter unten etwas ausführlicher zu erklären) .

D.h. die Partei, die infolge ihrer traditionellen, relativ größten Nähe zu den Chefetagen des gesamten kapitalistischen Systems in Deutschland den Prozess derart steuern konnte, musste immer auch von den politischen Kräften, die bloß die Propaganda machen, aber selbst keine Verantwortung zu tragen brauchen, sich als Bremser, als Kapitalsknecht, als Klimaverbrecher beschimpfen lassen.

Mit ihnen einig im Ziel, mehr noch: unentbehrlich für dessen Verwirklichung, muss die CDU allerdings nun nach und nach sich eingestehen, dass diese Kräfte politisch von ihr parasitieren und ihr die Wählerschaft abgraben.

Der Hauptgrund für diese Schwäche liegt darin, dass die CDU/CSU die grundlegende kapitalistische Übereinkunft nicht beim Namen nennen darf und kann.  Könnte sie zur Sprache bringen, dass die entscheidenden Antriebe für den Kernenergieausstieg und die sog. Klimapolitik aus  Zwängen des deutschen Kapitalismus entspringen; könnte sie argumentieren:  die „Radikalen“ dieses Umbaus donnern bloß propagandistisch dasjenige auf, was im Interesse der kapitalistischen Ordnung liegt –  dann wäre es aus mit deren politischen Aufwind.

Nun ist die Situation mehr als dumm. Jetzt verliert sie als Klimaverbrecher die Wahlen zugunsten der Grünen, die zu dem losen Propagandapack gehören und eigentlich die Kerntruppe desselben bilden, und muss sich andererseits von Leuten wie Merz, der wohl bestimmte  kapitalistische Unzufriedenheiten aufnimmt, um selbst ans Ruder zu kommen, sagen lassen, das Ganze sei gemessen an seinen angeblichen Zielen ein billionenteurer flop, ökonomisch unbefriedigend und spiele auch noch dem Gegner in die Hände. Die CDU zeigt Anzeichen einer Spaltung zwischen Vertretern, die selbst nun noch klimaintensiver zu werden versprechen, und anderen, die mit der Unzufriedenheit  gegenüber den miserablen Resultaten der Klimapolitik taktisch operieren wollen, wie Merz – ohne den Zusammenhang zerreißen zu können.

 

Eine kurze Geschichte der (Selbst-)Zerstörung der CDU

Man mag die unschöne Lage der CDU mit Schadenfreude oder Bedauern oder auch desinteressiert konstatieren: sie hat sie sich jedenfalls selbst zuzuschreiben.

Anscheinend wird die Zahl der Wähler rasch und drastisch kleiner, die an dieser Partei noch irgend  einen Grund finden sie zu wählen; die Zahl derer, die Gründe finden, sie nicht mehr zu wählen, wächst deutlich. Nicht zu unterschätzen in ihrer negativen Wirkung auf das öffentliche Bild dieser Partei ist offenbar derzeit eine Propagandawelle  namentlich unter jungen Wählern und noch Jüngeren, die CDU sei sowieso das Unmöglichste, weil sie der schlimmste Bremser gegen den „Klimaschutz“ sei. Kurz zuvor war sie schon, auch  namentlich unter Jugendlichen, wegen ihrer Aktivität für ein neues europäisches Urheberrechts-Schutzgesetz schwer unter Beschuss gekommen – aber das ist ein Seitenthema, das ich hier links liegen lassen will.

Der politisch interessanteste und vertrackteste Bereich, die Energie- bzw. Klimapolitik der CDU erfordert eine nähere Betrachtung über einen längeren Zeitraum hinweg. Stimmt es, dass die CDU diejenige Partei ist, die sich notwendigen Änderungen – notwendig aus der Sicht bestimmter anderer Parteien und aus der Sicht der tonangebenden Medien – immer zäh widersetzt? Ist sie die Partei, die – in dieser Sicht – zugunsten von kapitalistischen Profitstrukturen Gesundheit und Leben der Bevölkerung riskiert, ja die Existenz des Planeten?

Man kann es auch einmal etwas anders zu verstehen versuchen. Vielleicht macht das mehr Sinn.

Seit 2005 war und ist die CDU immer die wichtigste Regierungspartei auf Bundeseben, auch in vielen Bundesländern war sie und ist sie teilweise noch in den Landesregierungen. Seitdem Frau Merkel 2005 Kanzlerin wurde, bildet die Energiewende den konstantesten Programmpunkt der Bundesregierung. Der von ihr so genannte Kampf gegen den Klimawandel ist ein Wort, das seitdem ohne Widerspruch alles durchzieht, ob es sich um Energiepolitik in Deutschland, europäische und internationale Konferenzen, die Schulbildung oder den Sprachschatz der Medien handelt. Konkret bedeutet für alle diese Instanzen  der Kampf gegen den Klimawandel – soweit er sich überhaupt praktisch umsetzen lässt, d.h. nur im eigenen Land – dass man vor allem die Stromerzeugung auf die Erneuerbare Energien   umstellt, was in den nächsten Jahrzehnten bis zur Vollständigkeit erreicht werden soll. Sowohl die Kernenergie als auch Stein- und Braunkohle als Basis von Kraftwerken sollen vollständig wegfallen (wobei eine gewisse Unlogik konstatiert werden kann, denn Kernkraftwerke  geben kein CO2 in die Atmosphäre ab.  Aus diesem Grund plädieren viele andere Instanzen weltweit, sofern sie überhaupt selbst den Schutz vor CO2 fordern, nicht gegen, sondern für den Ausbau der Kernenergie. Eine weitere Komponente von Unlogik dabei ist der europäische Energieverbund, aufgrund dessen Deutschland  erheblich den  Kohle- und Atomstrom anderer europäische Staaten mitnutzt).

Ferner sollen Benzin und Diesel für den Fahrzeugantrieb wegfallen und durch Strom aus Erneuerbare Energien   ersetzt werden.

Dieses Programm der Umstellung auf Erneuerbare Energien   erfordert aus volkswirtschaftlicher Sicht gigantische Investitionen. Die gesamte Autoindustrie wird umgebaut, zahllose Kraftwerke werden stillgelegt, Nord- und Ostsee werden mit Windparks  bepflastert, was wiederum und neue Leitungssysteme quer durch die Republik erfordert ….

Es liegt auf der Hand, dass die deutsche Wirtschaft und die Verwaltungen solche Umbauten nur über einen längeren Zeitraum erbringen können. Das notwendige Kapital (die Rede ist von tausenden Milliarden Euro) kann unmöglich innerhalb weniger Jahre mobilisiert werden, sondern dafür müssen Jahrzehnte veranschlagt werden. Ebenso wenig kann die erforderliche Masse an Arbeit, an Knowhow, an Planungen und Bauten innerhalb weniger Jahre bereitgestellt werden. Alle Forderungen nach „sofortigem Ausstieg“, sei es aus der Kernenergie, der Kohleverstromung, dem Verbrennungsmotor etc. sind plakatives Getöse  und können nur deswegen immer wieder erhoben werden, weil ihre Autoren keinerlei praktische politische, technische oder bürokratische Verantwortung tragen müssen.

Unter diesen Bedingungen muss man der CDU anerkennend zugestehen, dass wohl keine andere Partei die Energiewende so rasch und energisch in die Praxis umsetzt wie die CDU (die CSU wie immer voll dabei, wenn auch gelegentlich bayrisch-grantelig). Den Ausstieg aus der Kernenergie haben zwar SPD und Grüne (in der Schröder-Fischer-Regierung 1998-2005)  im Jahre 2000 in Abstimmung mit den großen Stromkonzernen und der Deutschen Bank beschlossen, aber erst sehr wenig davon noch in ihrer Regierungszeit durchgeführt. Es war die CDU unter der Merkel, die in den Folgejahren – nach einigem Hin und Her – die Führungen der wichtigsten deutschen kapitalistischen Großfirmen auf  einen konkreten Konsens über den Zeitablauf der Abschaltungen bis auf Null verpflichtet hat, den sog. energiepolitischen Konsens von Herbst 2010 zusammen mit dem entsprechenden Bundesgesetz, und die wenige Monate darauf, Anfang 2011 mit der Begründung „Fukushima“ eine enorme Beschleunigung des Abschaltplans um Jahrzehnte durchgezogen hat. Das überraschte damals fast alle, denn der Konsens von 2010 hatte zunächst einen zeitlich gestreckten Ausstieg vorgesehen und die CDU war schweren Angriffen vonseiten der Kernkraftgegner ausgesetzt, aber diese konnten ja nicht die radikale Wende in ihrem Sinne voraussehen, die Frau Merkel wenige Monate später handstreichartig vollzog.

Und wieder ist es nunmehr, seitdem in der Stromwirtschaft der Kohleausstieg zum dominierenden Thema geworden ist, die CDU/CSU, die als die entscheidende Partei der GroKo die praktische Umsetzung garantiert. Es gibt kein Land in Europa, vom globalen Rahmen ganz abgesehen, das mit dieser Radikalität in der Praxis vorangeht, und die entscheidende Partei für den gesamten Prozess ist nach wie vor die CDU/CSU.

Das öffentliche Bild jedoch, das fast alle anderen Parteien – SPD, Grüne, Linke – und faktisch alle Medien von ihr zeichnen, lohnt ihr diese Anstrengungen in keiner Weise. Die CDU/CSU ist der Klimaverbrecher, der Bremser wider alle angeblichen wissenschaftlichen Erkenntnisse. Ihre Wählerbasis zerrinnt in zwei Richtungen: manchen ist die CDU nicht „grün“ genug, wie dem Youtuber Rezo oder den Fridays for Future-Demonstranten; manchen zu grün, weil sie diese doppelte Ausstiegspolitik nicht tragen wollen.

Freilich spielen bei dem Verlust von Wählerzahlen auch andere Fragen eine Rolle wie die Migration. Diese Fragen haben jedoch eine andere Struktur und müssen hier einstweilen ausgeklammert werden.

Ich vermag nicht zu sehen, wie diese Partei der Auszehrung und der Herabstufung auf das Niveau ‚unter ferner liefen‘ entgehen will, was sie dem entgegensetzen könnte. Und es ist auch nicht schade um sie. Sie hat sich das selbst eingebrockt, sie hat sich in der Energiepolitik selbst in eine Verlogenheit hineingesteigert, aus der sie keinen Ausweg mehr finden wird.

Diesen Prozess, der sich nunmehr über mehr als 30 Jahre hinzieht, will ich in seinen Hauptstationen kurz nachzeichnen.  Er hat i.w. zwei Phasen: die zunehmend feindliche Politik gegenüber der Kernenergie spätestens seit den 80er Jahren, und die Erhebung des sog. Klimaschutzes, anders ausgedrückt: die Dekarbonisierung bzw. der Umbau der inländischen Energiewirtschaft in Richtung Erneuerbare Energien seit der Merkelschen ersten Kanzlerschaft 2005 ff.

Zur ersten Phase, der Wendung der CDU gegen die Kernenergie

In den 70er Jahren wurde der sog. „Kampf gegen die Kernenergie“ als großes öffentliches Thema ausgerufen, dem die CDU/CSU sich zunächst als Parteiganzes nicht unterordnen wollte, dem sie aber recht bald nicht nur große Zugeständnisse machte, sondern dem die Partei schon bald als Werkzeug an entscheidenden Stellen sich zur Verfügung stellte.

Um diese Entwicklung zu verstehen, muss man allerdings das völlig oberflächliche  offizielle Schema für die gesamte Entwicklung auf diesem Gebiet entschieden in Frage stellen, das da lautet: ‘Umweltschützer zwingen durch jahrzehntelangen hartnäckigen Kampf deutsche staatstragende Parteien,  ihre Ziele wenigstens teilweise zu übernehmen ‘.

Es waren da noch ganz andere, stärkere Kräfte aktiv, auf die deutschen staatstragenden Parteien in diese Richtung einzuwirken, aber sie blieben im Hintergrund.

In den 70er Jahren und weiterhin kamen mehrere Interessen zusammen, keineswegs bloß die  Angst vor Atomunfällen, die die meisten öffentlich Protestierenden wohl  antrieb, und ballten sich in der deutschen Auseinandersetzung um die Kernenergie

Eine Richtung lässt sich grob als Ent-Industrialisierungspolitik umreißen. Diese Richtung hatte und hat viele weitere Facetten auch außer der Energiefrage, jedoch ist diese besonders symptomatisch wegen  der zentralen Bedeutung  sicherer und günstiger Energieversorgung für ein industrielles ökonomisches System wie die damalige Bundesrepublik Deutschland

Entindustrialisierungs-Ideen tauchen seit nunmehr zwei Jahrhunderten immer wieder auf bei Ideologen und Politikern des Kapitalismus, wenn sie sich um die Sicherung ihres gesellschaftlichen Systems Sorgen machen. In den hochentwickelten kapitalistischen Ländern, die noch in den 70er Jahren, ganz anders als heute, im Weltmaßstab die Hauptmasse der modernen Industrie und der entsprechenden Arbeitermillionen beherbergten, entstanden immer wieder verschiedene Konzepte, der anhaltenden Proletarisierung entgegenzuwirken, in der man die Gefahr von Revolten und sozialistischen Bestrebungen erkannte. Eines der Konzepte war die Verlagerung  von Produktion in Kolonial- bzw. Entwicklungsländer, andere  forderten ganz grundsätzlich eine Abkehr von industrieller Produktion, was konsequenterweise mit radikalen Bevölkerungsverminderungen einhergegangen wäre. In Deutschland hatte sich in den 50er und 60er Jahren die Industrialisierung und Proletarisierung besonders intensiv entwickelt, und gerade hier waren naturgemäß solche Sorgen in bestimmten Kreisen recht stark; sie wurden seit Ende der 60er Jahre durch eine plötzliche und ziemlich radikale Linkswendung („proletarische Revolution“) großer Teile der politisch aktiven Jugend zusätzlich angestachelt, die allerdings nicht lange anhielt.

Die Entindustrialisierungstendenz in Deutschland hatte unterschiedliche Träger.

Zum einen gab es schon lange eine eingewurzelte konservative Rückwärtsrichtung, die bspw. im Nazitum die vehemente Forderung nach Re-Agrarisierung des „deutschen Volkskörpers“ erhoben hatte, aber auch, was wenig bekannt ist, bei wichtigen gesellschaftstheoretischen Exponenten der Nachkriegszeit namentlich in der CDU sich fortsetzte. Diese schrieben bspw. vom Ideal einer „Kreislaufwirtschaft ohne Wachstum“,  wurden aber einstweilen von der Erhardschen Produktions-und Konsum-Ideologie auf hintere Plätze verwiesen (man erinnere sich immerhin, wie stark solche Erscheinungen dann in der Formierung der „Grünen“ wieder nach vorn traten mit den Träumereien vom handwerklich-bäuerlich geprägten Dorfkiez als idealer Vergesellschaftungsform, und mit dem relativ unverhohlenen Wiederauftreten von Alt-Rechten und anderen Fast-Nazis in Parteiorganisationen und –funktionen der sich formierenden grünen Partei).

Mitte der 70er Jahre entdeckten auch „modernere“ Vertreter des Kapitalismus die „Überindustrialisierung“ des Landes, verlagerten Produktion in Entwicklungsländer und verkauften den „blauen Himmel über der Ruhr“ als allgemeine Volksbeglückung – erhebliche Teile des Volkes hatten sich dann in den folgenden ca. 15 Jahren bis zur Wiedervereinigung an Massen- und Dauerarbeitslosigkeit zu gewöhnen.

Eine weitere rasante Entwicklung der Kerntechnik hätte quer zur Entindustrialisierungspolitik gestanden und wurde entsprechend bekämpft, was aber auf der Oberfläche wenig in Erscheinung trat. Das öffentliche Bild sollte von Umweltschützern und „linken“ radikalen „Chaoten“ bestimmt werden, nicht von einer bedeutenden Richtung im Kapitalismus.

Für das Grundverständnis dieser Richtung und der gesamten internationalen ökonomischen Entwicklung der Jahrzehnte bis heute ist es entscheidend zu sehen, dass die Entindustrialisierung entwickelter Länder grundsätzlich eine verstärkte Industrialisierung bisheriger Entwicklungsländer bedeutet. Der Aufstieg Chinas stützte und stützt sich noch immer auf das westliche Kapital, das enorme Produktionskapazitäten dort mit aufgebaut hat, während in den Stammländern viel Kapital fehlt und zahlreiche Verfallserscheinungen auftreten, besonders drastisch in den USA zu beobachten.

Es konnte im Zuge dieser Verlagerungspolitik den radikalen Wachstumsgegnern nicht gelingen, weltweit ihren Negativismus zum Erfolg zu führen, denn die große Masse der Weltbevölkerung in den Entwicklungsländern drängte naturgemäß und nun auch mit partiellen Erfolgen darauf, endlich an Produktion und Konsum sich beteiligen zu können. In den privilegierten Ländern wäre eine grüne Austeritätspolitik hinweggefegt worden. Das Programm des „Club of Rome“ hatte keine Chancen, verdrehte allerdings manchen die Weltsicht.

Global gab es in der Summe keine Entindustrialisierung, sondern vielmehr ein beträchtliches Wachstum der industriellen Produktionsweise auf kapitalistischer Grundlage. Während Länder wie die USA und Großbritannien relativ stark, Westdeutschland etwas weniger sich entindustrialisierten, wurde China zur „Werkbank der Welt“; auch in anderen ostasiatischen Ländern investierte der westliche Kapitalismus entsprechend, wenn auch nicht in Größenordnungen wie in China. Auch Osteuropa nahm an solchen Entwicklungen teil.

Das kapitalistische globale Wunschschema war und ist weiterhin die Konzentration von Kapitalmacht, Reichtum, Luxus und relativ leichtem Leben selbst für breitere Teile der Bevölkerung in den Stammländern, auch deren soziale Pazifizierung – ermöglicht durch riesige Zuflüsse von Profiten aus der harten und miserabel entlohnten Arbeit, die in der Dritten Welt mittlerweile von vielen hunderten Millionen neuer Proletarier und anderer Abhängiger geleistet wird. Dort der Dreck und der Schweiß, hier die Luxusprobleme, einschließlich der mentalen Verflachung  großer Bevölkerungskreise und des Umsichgreifens ökologistischer Betulichkeit.

Ein dritter Faktor des Drucks auf die Kernenergie in Westdeutschland war ein internationaler. Weder die USA noch die damalige zweite Supermacht, die Sowjetunion waren bereit, eine international führende Position Westdeutschlands in der Nukleartechnik zu akzeptieren, wie sie sich damals klar  abzeichnete. Sie intervenierten teilweise recht direkt, hauptsächlich aber indirekt durch die Medien und Organisationen, die sie erheblich mit kontrollierten, und durch mit ihnen besonders verbundene Politiker gegen deutsche Schlüsselprojekte wie die Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen sowie gegen den Export deutscher Nukleartechnik bspw. nach Brasilien, und schürten generell eine Anti-KKW-Stimmung in der BRD.  Übergreifender Propagandabegriff hier war, dass man Deutschland und andere Länder nicht an die Bombe kommen lassen dürfe, während sie ja bekanntlich in den Händen einer Supermacht wie der USA, oder auch der Sowjetunion, ein Segen für den Frieden der Menschheit sei.

Charakteristisch für die Konstellation der 70er waren auch bspw. die überraschenden „Enthüllungen“ der damals politisch mit führenden Zeitschrift „Der Spiegel“ im Jahre 1973,  dass  die Kernenergie die Hoffnungen enttäuscht habe  und man in den USA selbst nicht mehr recht daran glaube. Diese Warnungen gingen der Formierung des ersten breiteren Widerstands in Deutschland  gegen die Kernenergie voraus, und nicht etwa umgekehrt. Dieser Widerstand (Whyl) war zum Zeitpunkt der Warnung des „Spiegel“ noch in – für sich genommen – unbedeutenden Anfängen.

Was war der Hintergrund solcher Warnungen vor der Kernenergie aus den USA, die der „Spiegel“ übernahm? Ein wichtiger Hintergrund, neben dem Missfallen an der Entwicklung der Kerntechnik in Deutschland  überhaupt: 1973 war das Jahr des „Ölpreisschocks“ gewesen, der an und für sich weltweit einen Run auf Kernenergie hätte auslösen müssen. Hätte sie sich perspektivisch als künftige Hauptenergiequelle gegenüber dem Erdöl durchgesetzt, wäre die Führungsstellung der USA (mit ihren Ölmultis und der Kontrolle der Finanzsysteme der kapitalistischen Welt durch den ölgestützten Dollar) in Gefahr geraten. Es musste den USA vorrangig um die Verteidigung dieses ihres imperialistischen ökonomischen Hauptstützpfeilers gehen, und sie schwenkten auf eine Politik der teuren Energie um; die Kernenergie musste eingeschränkt, das ölgestützte Energiemonopol der USA  und die Abhängigkeit aller Energieverbraucher der kapitalistischen Welt vom US-Dollar unbedingt verteidigt werden. Die bisherige Propaganda der USA und des kapitalistischen Westens überhaupt, die Kernenergie werde künftig den  wesentlichen Beitrag zu einer rationelleren und preisgünstigeren Energieversorgung beisteuern, eine Ansicht, die auch in Deutschland  hinter der starken Förderung der Kerntechnik stand, wurde nun als satanische Irreführung denunziert, mit der man die unvermeidlichen Verstrahlungen ganzer Bevölkerungen hatte verschleiern wollen.

In den folgenden Jahren kann man beobachten, wie die CDU und auch die CSU sich der Anti-Kernenergie- Richtung zunehmend annähern. Erst wird der Wiederaufarbeitung eine Absage erteilt (Niedersachsen unter der Regierung Albrecht/CDU 1979; auch das Ersatzprojekt in Bayern – Wackersdorf – , für das die CSU sich zunächst eingesetzt hatte, verschwand nach einigen Jahren in der Versenkung). Dann, 1988/9, spielt die hessische CDU-Landesregierung unter Wallmann und Weimar die Hauptrolle bei der regierungsamtlichen Ruinierung der Nuklearbetriebe in Hanau, die für die Produktion von Nuklearbrennstoffen und die Forschung an deren Weiterentwicklung für die BRD die zentrale Stellung innehatten. Joschka Fischer konstatierte damals begeistert, dass ausgerechnet Wallmann von der CDU der Nuklearindustrie dermaßen zwischen die Hörner gehauen habe, dass sie in die Knie gegangen sei. Diese Vorgänge stellten bereits die entscheidenden Weichen gegen die Kernenergie in Deutschland. (Ich habe 2006 eine ausführliche Darstellung dieser Vorgänge erstellt, die demnächst hier abgerufen werden kann.)

Charakteristischerweise basierte die hessische Landesregierung ihre Schritte auf falsche, von den einschlägigen Medienorganen jedoch wochenlang hochgekochte  Beschuldigungen, es sei gegen Bestimmungen des Atomwaffensperrvertrages verstoßen worden, eines Machtinstruments der damaligen Supermächte. Man unterstellte fälschlich, dass die Betriebe untergründig an verbotenen Atomwaffenplänen sich beteiligt hätten. Es dauerte dann auch nicht mehr allzu lange, bis der seinerzeitige Umweltminister der Regierung Kohl, Klaus Töpfer, sich als fundamentalistischer Gegner der Kernenergie bekannte. Seine Nachfolgerin im Amt seit 1994, Angela  Merkel, erklärte dann ihrerseits, es würden auf absehbare Zeit keine neuen Kernkraftwerke in Deutschland  mehr gebaut werden.

In dieser Zeit, diesen Vorgängen hat sich eine Grundverlogenheit der CDU/CSU in der Energiepolitik gebildet.

Nie durfte öffentlich seitens dieser Parteien über die entscheidenden Kräfte im Hintergrund ihrer Politik gesprochen werden, weder über die Entindustrialisierungs- oder besser: Produktionsverlagerungs-Tendenz des eigenen Kapitalismus noch über antiindustriellen Konservatismus in den eigenen Reihen (der Hauptpropagandist der Kernenergie in der Zeit seit etwa 1955 in der BRD war bezeichnenderweise die SPD gewesen, nicht die CDU/CSU), und auch kaum über den Druck äußerer Mächte und deren starke Einflüsse auf den westdeutschen Medienapparat, der mehrheitlich ja schon bald auf die Propaganda gegen die Kernenergie eingeschwenkt war.

Die CDU/CSU versagte vollkommen  da, wo sie hätte politisch aufklären und wichtige Interessen der Mehrheit der BRD-Bevölkerung verteidigen können. Sie wurde schon in dieser Zeit mehr und mehr zum bürokratischen Vollstrecker einer Politik, die sie doch nicht öffentlich verteidigen konnte und teilweise auch selbst noch ablehnte. Gleichzeitig in der Regierungsverantwortung daran gebunden, den Ausstieg aus der Kernenergie ohne allzu auffällige ökonomische Einbrüche zu organisieren und daher auf eine längere Zeit zu verteilen, wurde sie unweigerlich zum ewigen Angriffsziel  aller „radikalen“ Propagandisten des Kernenergie-Ausstiegs, zum ewigen „Bremser“, zur angeblichen Gefahr für Gesundheit und Leben der Bevölkerung.

 

Die CDU in Zeiten der Dekarbonisierung (Kohlestrom und Verkehr)

Diese unglückliche Position kommt ihr nun erneut zu in der sog. Klimapolitik, d.h. der Ersetzung der Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen (Öl und Kohle) durch Stromgewinnung aus Wind- und Sonnenwirkungen. Heute spielen allerdings treibende Faktoren der Anti-Kernenergie-Tendenz der 70er Jahre, der Proletarisierungsdruck und die Gegnerschaft der Supermächte, kaum mehr eine so gewichtige Rolle; andere Antriebe stehen hinter der heutigen Klimapolitik. Dazu weiter unten.

Zunächst zu den Behauptungen über das Klima selbst.

„Klimapolitik statt Profite“ ??? – Profite durch Klimapolitik!

Die theoretischen Grundlagen dieser Politik sind ebenso wackelig wie die kapitalistischen Interessen an ihr massiv. Es ist ein Märchen, dass „Klimapolitik“ gegen die Profite stehe, das Gegenteil ist wahr. Unter ‚Klimaschutz durch CO2-Vermeidung‘  läuft mittlerweile das derzeitige eigentliche große kapitalistische Projekt, das Projekt des Gesamtsystems, mit dem es bestimmten historischen Schwierigkeiten aus dem Weg gehen will.

Längst haben kapitalistische Strategen international verinnerlicht, dass mit Abwrackungen und mit „disruption“ ganzer herkömmlicher Produktionszweige das Gesamtsystem viel besser am Laufen gehalten werden kann, kapitalistisch gesprochen: dass man mehr Profite generieren kann als mit mehr oder weniger geradliniger Weiterentwicklung bestehender Techniken und Branchen. Wrackt den Diesel ab, mit der Elektrowende lässt sich viel mehr Geld machen als mit der Fortführung der bisherigen Techniken. Wrackt das gesamte System von Stromerzeugung und –verteilung ab, mit den gesetzlich erzwungenen hohen Strompreisen fließt viel mehr Geld als bisher für viel mehr Firmen als bisher – so könnte man vereinfacht diese Logik kennzeichnen.

Mehr denn je beruht heute die Vitalität des Kapitalismus überhaupt auf ständigen Umbrüchen und Neuansätzen. Es ist zu großen Teilen eine künstlich erzwungene „Vitalität“. Regierungen erzwingen mit Gesetzen Abwrackungen in großem Stil und nehmen die Bevölkerung für die Finanzierung der Innovationen in Anspruch – deren praktischer Nutzen für die Masse jedoch oft höchst fragwürdig erscheint. Aber der Kampf gegen die „säkulare Stagnation“ (wie eine  Selbstdiagnose höchster kapitalistischer Vertreter lautet) muss unter allen Umständen Vorrang haben, denn sonst erhebt sich die Systemfrage. Weiteres dazu s.u.

Was die theoretischen Grundlagen der Klimapolitik betrifft, so baut sich hier eine abenteuerliche Annahme auf die andere, aber in der Sprache unserer Medien und Politiker sind sie alle zweifelsfrei wissenschaftlich bewiesen.

Die erste Annahme bezieht sich auf den Anteil der menschlichen Zivilisation am Klimawandel.

Klimawandel ist auf diesem Planeten seit Beginn seiner Existenz der Normalfall. Er hat längst ohne jedes Zutun menschlicher Aktivitäten schon viel dramatischere Kurven gezeigt als sie jetzt beobachtet werden. Die Behauptung, der gegenwärtige sei klar auf die industrielle Zivilisation zurückzuführen, ist schwierig aufrechtzuerhalten. U.a. ist es bisher nicht möglich, die möglichen Ursachen für Klimawandel  überhaupt klar zu definieren und in eine Rangordnung zu bringen, geschweige denn einen menschlichen Anteil daran zu messen. Korrelationen mit dem Aufstieg der industriellen Zivilisation überzeugen wenig, denn in den letzten tausend Jahren vor Beginn derselben haben sich auch schon immer wieder drastische Klimaänderungen vollzogen, von längeren Zeiträumen zu schweigen.

Die Schäden für menschliche Gesundheit und Umwelt, die mit massenhaften Produktions- und Verkehrsprozessen auf Basis von Verbrennung fossiler Energieträger zweifellos einhergehen, motivieren viele Mitbürger, an der Verheißung einer Dekarbonisierung Gutes zu finden. Den Verkehr zu elektrifizieren ist mE wirklich eine gute Idee; wenn sie kapitalistisch umgesetzt wird, fragt sich allerdings auch, welche Teile der Gesellschaft die Hauptlasten eines derartigen Umbaus zu tragen und welche Teile die großen Vorteile daraus zu erwarten haben.

Es geht hierbei auch keineswegs nur um die reichen Gesellschaften selbst, wo Elektrifizierung demnächst in einem gewissen Umfang stattfinden kann,  sondern auch um die armen Länder. Auf diese drohen z.B. die Hauptlasten der Gewinnung und  Verarbeitung der für das Batteriewesen benötigten Riesenmassen an Rohstoffen abgelastet zu werden. Wie bspw. der Kongo in den letzten Jahrzehnten vom kapitalistischen Weltsystem barbarisch ausgeplündert wurde und wird, um billigst an bestimmte Rohstoffe bspw. für die Handyproduktion zu kommen, das könnte leider das Modell für weitere ähnliche globalökonomische Strukturen des Elektroautos werden. Viele Millionen Menschen sind dort bereits der Entfesselung von Banditenmilizen zum Opfer gefallen, die dem Weltkapitalismus den billigstmöglichen Zugang zu den Rohstoffen garantieren.  Wird es mit Lithium, Kobalt etc. in Zukunft zivilisierter zugehen?

Man sollte auch einmal sich vergegenwärtigen, welch grotesken Anstieg im konventionellen Ressourcenverbrauch die Errichtung der notwendigen Massen an Windrädern, Solarfarmen und neuen Leitungssystemen erfordert im Vergleich zu nuklearen Kraftwerkstypen oder selbst popligen Kohlekraftwerken. Welche ungleich größeren Massen an Stahl, Kupfer, Kunststoffen für die Windschaufeln (wohl weitgehend auf Erdölbasis?) etc. pp. müssen hier produziert und verarbeitet werden, um ein bisschen Strom zu gewinnen….

Aber zurück zu den theoretischen Annahmen über Klimawandel und seine Bekämpfung. Dass vor allem das CO2 schuld sei, das aus den heutigen Verbrennungs- und Agrarprozessen massenhaft freigesetzt wird, ist eine weitere Annahme, deren Beweis noch aussteht, auch wenn schon millionenfach bis in die Kindergärten hinein behauptet wird, er sei wissenschaftlich erbracht.

Und nun zu Deutschlands Rolle – und hier wird es nun einfach nur noch lächerlich.

Bekanntlich steht Deutschland in der Intensität und Kostspieligkeit seiner Bemühungen, CO2-Freisetzungen zu reduzieren, weltweit an der Spitze, gefolgt von einer nicht allzu großen Schar anderer Länder, vorwiegend in Europa, die auch einige theoretische Bekenntnisse abgeben und – allerdings schon deutlich weniger – praktisch umsetzen.

Die hinsichtlich Bevölkerungszahlen und ökonomischem Gewicht ungleich größeren Länder wie die USA und China hingegen (dieses mit der 15fachen Bevölkerungszahl gegenüber Deutschland) denken überhaupt nicht daran, die Verbrennung fossiler Energieträger tatsächlich einzuschränken. Bspw. baut China im eigenen Machtbereich und in zahlreichen anderen Ländern massenweise neue Kohlekraftwerke, so in Pakistan oder auch auf dem Balkan. Das hindert die chinesische Führung natürlich nicht an lächelnden Ermunterungen für Merkels Deutschland  und an eigenen Experimenten mit erneuerbaren Energien, die aber gegenüber ihrem Nuklear- und Kohlestrom-Ausbau klein ausfallen.

Die USA unter Trump verspotten die Dekarbonisierung ganz offiziell. Das kann sich zwar unter einer anderen Regierung auch wieder ändern, doch ist die gesamte Struktur des US-Kapitalismus in Innern und weltweit derart eng weiterhin vor allem  mit dem Erdöl verbunden, dass in der Praxis sich nur wenig und langsam ändern dürfte. Ironischerweise hat selbst Deutschland, in dem spätestens seit 2005 die CO2-Vermeidung die oberste politische Priorität genießt und das schon Hunderte von Milliarden in die Erneuerbaren Energien   investiert hat, nach letzten – wohlgemerkt offiziellen – Berichten noch keine Reduzierung des CO2-Ausstoßes erreicht. Darauf spielt Merz an. Nun wird eben versprochen, dass die Reduzierung noch kommen werde.

Aber auch wenn die Reduzierung in Deutschland  bis auf Null und in weiteren Teilen Europas auf einige –zig Prozent kommen sollte: das Maß, in dem durch die deutsche/europäische Enthaltsamkeit die weltweiten Emissionen verringert werden würden, ist mehr als bescheiden. Diejenigen, die an die kardinale Rolle des CO2 tatsächlich glauben, können sich einen Klimaeinfluss Deutschlands jedenfalls getrost abschminken.

Die Hilfsargumentation lautet nun: wenn Deutschland  zugegebenermaßen keine überhaupt spürbare Reduktion der globalen CO2- Emissionen zustande bringt, dann hat es doch eben die Aufgabe, für die übrige Welt Vorbild und Vorreiter zu sein – in fernerer Zukunft wird dann auch der Rest der Menschheit bekehrt und dann doch noch dem Klima die Rettung gebracht. Diese Ansicht ist angesichts der weltweiten kapitalistischen Interessen und Gegensätze völlig daneben. Nur politisch naive Menschen, die von der Welt keine Ahnung haben und auch nicht haben wollen, können Derartiges behaupten. Solche gibt es allerdings in den privilegierten Ländern leider nicht zu wenige, insbesondere unter den Jugendlichen, die seit dem Kindergarten nie etwas anderes als die entsprechende Propaganda zu hören bekommen haben.

So viel zu den fragwürdigen theoretischen Voraussetzungen der deutschen Klimapolitik – und nun zu den elementar kapitalistischen Interessen dahinter.

Kapitalismus, Stagnation und disruption

Es ist derzeit unüblich, den Kapitalismus historisch zu betrachten. Fragen wie z.B.  nach zukünftigen Entwicklungsformen werden umgangen bzw. in die Sphäre der science fiction verwiesen, wo sie zwar mitunter recht auf- und sogar anregend behandelt werden, jedoch ohne die erforderliche Objektivität und Stringenz und den Willen zur Entwicklung gesellschaftlicher Kontrolle.

Man behandelt öffentlich auch kaum solche tieferen Widersprüchlichkeiten, wie sie unter Themen wie ‚tendenzieller Fall der Profitrate‘ oder ‚säkulare Stagnation‘ immerhin schon immer wieder einmal zur Sprache gekommen sind: dass nämlich die historisch unaufhaltsame Höherentwicklung der Produktionsverfahren (bspw. als zunehmende Automatisierung) und die inzwischen erreichte Intensität der  Vergesellschaftung (im Innern der Länder wie auch global) zunehmend quer stehen zum Prinzip des privaten  „Investors“ und Profiteurs. (Ich kann hier keine Begriffserklärungen oder gar Erörterungen leisten, sondern empfehle zu googeln, wenn man eine erste Idee davon bekommen will, was mit solchen Worten gemeint ist.) Die Gesellschaften werden von der modernen Verabsolutierung dieses privategoistischen Prinzips entmündigt, statt dass sie mündiger über ihre eigene Entwicklung bestimmen könnten; sie werden von der Kurzzügigkeit und der wüsten Vernichtungskonkurrenz des Kapitalismus zerrissen statt zu mehr vernünftiger Kooperation und Langatmigkeit finden zu können.

Doch statt zu triumphieren lähmt sich eben dieser Kapitalismus auch selbst. Wichtige zivilisatorische Infrastrukturen lässt er verfallen, bspw. die Bildungssysteme – was auch  ihm selbst Vitalität entzieht; die globale Konkurrenz der Blöcke führt  zu wahnsinnigem Ressourcenverschleiß, bspw. in Form von Hochrüstungen und von  Kriegen, die erneut gewaltige Ausmaße anzunehmen drohen.

Unter solchen Rahmenbedingungen gedeiht auch die Praxis der disruption, der Usurpation ganzer Branchen durch Kapitalisten, bisher oft aus dem Silicon Valley, die aufgrund von Überlegenheiten in der Datenverarbeitung und in der aggressiven Konzentration von Kapitalübermacht dazu in der Lage sind, viele kleinere aus dem Geschäft zu werfen bzw. sich unterzuordnen. Beispiele sind Amazon, das den Einzelhandel zu seinen Gunsten rücksichtslos umstrukturiert, oder Uber auf dem Taxisektor. Hier werden enorme Gewinne gemacht weniger durch Verbesserungen für den Bürger (es gibt allerdings ein gewissen Maß davon, das gesellschaftliche Akzeptanz bringen soll) als durch Zermahlen, Aus- und Aufsaugen bisheriger Strukturen.

In Deutschland  ist disruption eher eine Sache von Regierungen und Gesetzen wie im Falle des Atom- und Kohleausstiegs, bspw. auch der Aufrichtung von neuen Umweltstandards wie im Falle der Kampagne gegen den Diesel (der noch vor nicht allzu langer Zeit umgekehrt von der Regierung als der umweltfreundlichere Antrieb eingestuft und durch Steuervorteile eigens gefördert worden war). Während der Weiterbetrieb bzw. der Ausbau der Kernenergie und der Kohleverstromung ein zwar relativ stetiges, aber nach heutigen Maßstäben profitlahmes Geschäft mit nicht allzu vielen Beschäftigten mit sich gebracht hätte, profitieren nun zahllose Investoren, Geldinstitute, Bau- und Handwerksfirmen von der Schaffung des neuen Systems aus Windrädern und Solarpanels (und die alten großen Firmen der Branche wie EON, RWE etc. natürlich weiterhin kräftig mit).

Es wird eine wirtschaftliche Belebung inszeniert, die aus den enorm steigenden Strompreisen sich speist, die der Masse der Bevölkerung regierungsamtlich aufgezwungen werden. Ein erheblicher Anteil des Wachstums an Beschäftigung im Deutschland  der letzten Jahre dürfte auf die Schaffung von Strukturen der Erneuerbaren Energien zurückgehen. Man muss direkt fragen, was aus der Beschäftigungsstatistik geworden wäre, mit der in der letzten Zeit Regierung und Kapitalismus sich selbst rühmen, wenn es diese Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nicht gegeben hätte.

Und während der Automarkt schon seit langem Zeichen von Saturierung aufwies, die auch durch die Luxurierung und Vergrößerung der Modelle nicht mehr werden konnte, sodass bspw. VW seit längerem bereits den größeren Teil seiner Profite in China macht, verspricht nun der mehr oder weniger diktierte Umstieg auf die Elektromobilität viel höhere Preise und mehr Neukäufe auch im Inland.

Bis jetzt scheint auch trotz der spürbaren Künstlichkeit dieser Politik eine gewisse Akzeptanz in großen Teilen der Bevölkerung vorhanden zu sein wohl aufgrund des  Gefühls, dass die Gesamtökonomie einmal mehr aus der drohenden Stagnation gezogen werden konnte und große Teile der Bevölkerung davon eben doch in gewisser Weise mit profitiert haben.

Man kann davon ausgehen, dass der normale kapitalistische Instinkt relativ gleichgültig gegenüber Umweltproblemen ist. Wenn das größte Geld gemacht werden kann, indem die Umwelt schändlich behandelt wird, dann wird das eben so gemacht. Wenn aber aufgrund der zahlreichen Sackgassen in der kapitalistischen Entwicklung der Umstieg auf so etwas wie eine ökologische Umstrukturierung einen Ausweg verheißt, dann wird eben der propagiert, dann werden in Zusammenarbeit mit den Regierungen die Kapitalströme hierher umdirigiert. Profitmacherei, Korruption, gesellschaftliche Schädigungen und Umweltschädigungen gehen natürlich weiter, aber bekommen ein grünes Mäntelchen umgehängt – und jeder, der das kritisiert, muss mit dem Vorwurf rechnen, Verschwörungstheorien zu verbreiten, in den öffentlichen Medien mit shitstorms überzogen zu werden und den Maulkorb verpasst zu bekommen.

Merz konstatiert den verwunderlichen Fakt, dass unter der „Klimakanzlerin“ Deutschland  gar keine CO2-Reduktion vorweisen kann, obwohl die Strompreise extrem hochgetrieben wurden, m.a.W. bereits ungezählte Milliarden in Erneuerbare Energien   investiert wurden oder hätten investiert werden sollen. Anscheinend nimmt der Mann die Klimapropaganda für bare Münze. Wenn man sie hingegen nicht als den Kern der Frage nimmt, sondern als eine propagandistische Fassade von neuen Methoden, kapitalistischen Profit zu generieren, dann erklärt sich das Verwunderliche ganz gut. CO2 –Reduktion hin, CO2 –Reduktion her, wir haben den Laden jedenfalls am Laufen gehalten.

Diese Wandlungsprozesse zugunsten der Fähigkeit des Kapitalismus, irgendwie weiterzuwursteln, vielleicht mit der einen oder anderen tatsächlichen Innovation verbunden, hat keine Partei so verantwortlich in der Praxis mit herbeigeführt wie die CDU unter Merkel in den letzten bald 15 Jahren. Sie müsste von den Grünen, der SPD  etc. dafür Dank erfahren. Stattdessen, wie Merz es ausdrückt, hat sie die strategische Kontrolle über die Themen an die Grünen verloren, verliert Parlamentsmandate und bald wohl auch zentrale Regierungspositionen an diese. Wahrscheinlich konnte das anders nicht kommen. Wenn man selbst die Entwicklung in eine falsche Richtung schiebt, dann werden die noch Verantwortungsloseren umso mehr das propagandistische Oberwasser bekommen.

Die  Grünen sind von ihrer politischen  DNA her noch deutlich extremere Vertreter der neo-imperialistischen globalen Ausbeutung als die CDU, sie haben zu allen Zeiten die noch stärkere De-Industrialisierung des Landes, die noch stärkere Verlagerung der Ausbeutung in die ärmeren Teile der Welt gefördert – und hierzulande die entsprechende Entwicklung einer Mentalität des egoistischen selbstgefälligen wohlsituierten Spießers eines reichen Landes. Wenn man wie die CDU unter Merkel die Tendenz nicht kritisiert, sondern die Ökonomie selbst weiter in diese Richtung schiebt, wenn man den Kapitalsknecht macht, selbst daran mitwirkt, den Kapitalismus in diesem Sinne umzustrukturieren, als sei das ein alternativloses Entwicklungsgesetz, verschleißt man sich letztlich selbst und wird überflüssig.

 

 

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