Geopolitik mittels Corona – am Beispiel China-EU

 

Es sind vorerst nur ein paar Hinweise in den offiziellen Medien. „Wird China jetzt die Weltmacht Nummer eins?“, und zwar mittels des weltweiten Durcheinanders im Zeichen von Corona,  so fragt man bspw. in der „FAZ“.

Immerhin werden jetzt verschiedene politische Dimensionen der Krise, die man mit „Corona“ jetzt verschärft hat, schon etwas klarer benannt.

In meinen vorigen posts hatte ich auf einige davon hingewiesen. Hier möchte ich geopolitische Aspekte benennen.

In China knüpfe man jetzt an das Verhalten des Heinsberger Landrats  Stephan Pusch (CDU) an, um das eigene Land als kommenden Retter der Menschheit zu feiern, heißt es in dem „FAZ“-Beitrag.

Pusch  hatte sich im Namen seines von Infektionen betroffenen Kreises an Chinas Staatschef Xi gewendet, dieser möge Ausrüstung und Experten schicken, die eigene Landesregierung bekomme das nicht gebacken.

Puschs Aktion sei in China supergut angekommen.

Die Fragen und Überlegungen der FAZ-Redakteure zielen angesichts chinesischer Aufwallungen von Überlegenheitsgefühlen auf Vergleiche zwischen den Stärken und Schwächen Chinas und der USA. Ausführlich geht man auf schwere Fehler ein, die dem chinesischen Systems selbst in der ersten Entwicklungsphase der Pandemie (Wuhan) seit Dez. 2019 offenbar vorgehalten werden können. Daraus könne man eine Verantwortung Chinas für die weltweite Ausbreitung des Virus ableiten. Auch seien tiefgehende Zweifel an der Solidität und Kraft der chinesischen Ökonomie angebracht, die jetzigen beispiellosen Einbrüche zu überwinden.

Mit den USA gehen diese Redakteure bei weitem nicht so streng ins Gericht.

Aber andere weisen darauf hin, dass jetzt die USA erst anfingen, in Krisenabgründe zu blicken. Das Gesundheitssystem ist bekanntlich höchst lückenhaft, große Teile der Bevölkerung haben keine Mittel, um sich ärztliche Leistungen zu kaufen. Es heißt, die Einbrüche in der ohnehin wackeligen und großenteils auf prekären Arbeitsverhältnissen fußenden Ökonomie kündigten bereits Massenarbeitslosigkeit an.

Ich bin seit längerem der Meinung, dass es nicht richtig ist, die Rivalität zwischen den beiden Möchtegern-Weltmächten USA und China zu behandeln ohne gleichzeitig der Bedeutung und Entwicklung der EU großes Gewicht beizumessen.

An der Oberfläche zeigt sich schon längst mancher Hinweis, dass weder China noch die USA bereit sind, sich mit einer weiteren Konsolidierung der EU abzufinden. Das ist dort kein Nebenthema, sondern strukturell für die eigene Stellung in der Welt. Die EU muss damit rechnen, dass sich politische Schwierigkeiten aus diesen Quellen jetzt noch verstärken werden.

Wie jetzt in manchen Verlautbarungen aus China offenbar getönt wird, die Corona-Krise werde eine neue, von China ausgehende „Seidenstraße der Gesundheit“ ins Leben rufen, die die längst angestrebte ökonomisch-politische „Neue Seidenstraße“ ergänze und ihr neues Leben einhauche, ist so peinlich, dass man sich fragt, ob die Verantwortlichen überhaupt einigermaßen realistische Vorstellungen über internationale Beziehungen haben.

Unter „Neue Seidenstraße“ versteht man in China die Entwicklung der Dominanz Chinas über große Teile Asiens (z. T. auch Afrikas) als Brücke nach Europa, das nach und nach immer stärker mit der chinesischen Ökonomie zu verschmelzen sei. Europa ist der Dreh- und Angelpunkt dieser Idee, und seine zukünftige Rolle gegenüber China wäre die eines Subalternen.

Aber in der Tat gibt es auch in der EU viele mental beschränkte und in ihren eigenen Angelegenheiten versagende Politiker, die von China mit finanziellen Zuwendungen, Hilfslieferungen, Investitionen gekauft werden können, nicht erst seit heute, und dementsprechend als Elemente der Spaltung Europas funktionalisierbar sind. Italien scheint auf diesem Gebiet seit langem einer der schwächsten Punkte Europas zu sein.

Die Spaltungsarbeit Chinas ist ernst zu nehmen und zu bekämpfen.

Die führende Rolle der USA beim Brexit und die seinerzeit laut ausposaunten Absichten, der EU den Rest geben zu wollen, kennzeichnen die grundsätzliche Haltung der USA recht gut, auch wenn derzeit von dort nicht so offen weitergemacht wird.

Die EU muss in ihrer internationalen Politik nicht nur auf eine Menge tatsächlicher Schwächen achten – hier sind vor allem die militärische Schwäche zu nennen, ferner die ständige Selbst-Aufreibung wegen Streitereien um alle möglichen nationalen Sonderinteressen und wegen aller möglichen nationalen Blödheiten, schließlich auch wegen finanzkapitalistischer und ökologistischer Auswüchse.

Sie muss auch klarere Vorstellungen ihrer Potentiale entwickeln.

Derzeit kann in der internationalen Entwicklung, die von den USA und China stark gekennzeichnet ist, keiner dieser beiden ohne die EU. Die EU ist nicht nur der größte kapitalistische Binnenmarkt der Welt – ohne den bspw. China einen großen Teil seiner Absatzmöglichkeiten verlieren würde -, sie ist auch von der Kreativität auf wissenschaftlichen, kulturellen und auch direkt ökonomischen Gebieten her nicht so schwach wie sie oft hingestellt wird. Das politische System weist im Vergleich mit den beiden anderen Machtzentren noch eher gewisse Elemente von Demokratie auf.

Von solchen Potentialen zehren die „Supermächte“ erheblich mit. Die Abhängigkeiten der USA und Chinas von Europa sind strukturelle Grundtatsachen der Geopolitik.

Die Coronapanik akzentuiert derzeit massiv die inneren und internationalen Probleme der EU. In dieser Entwicklung ist es umso dringender, den europäischen Zusammenhalt zu verbessern und sich der eigenen Stärken bewusster zu werden. Aus der Lage folgt allerdings auch sehr klar, dass mit Arroganz, überspannten weltweiten Ansprüchen und weiterer Entdemokratisierung nach innen, wie sie typischerweise die kapitalistischen Möchtegern-Supermächte produzieren – aber nicht nur sie -, nichts zu gewinnen ist. Allerdings auch nichts mit  fatalen Gewohnheiten der Andienung an vermeintlich Stärkere, wie man das bspw. bei deutschen Konzernleitungen gegenüber China öfters beobachten kann, die anscheinend nicht weiter denken können als an ihre nächste Bilanz.

Die europäische Ökonomie ist auf die Art von Globalisierung, wie sie sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat, mit Deutschland-China als einer der Hauptachsen, nicht unbedingt angewiesen.

Auch in der Corona-Krise im engeren medizinischen Sinn und im weiteren Verlauf der weltweiten ökonomischen Verwerfungen, die zu erwarten sind (sie waren ja schon vor Corona zu erwarten, wenn auch vielleicht in anderen Formen), spielen die Fragen der europäischen Konsolidierung nach innen eine große Rolle. Auch die Fragen einer internationalen Politik der EU, die sich gegenüber den USA wie auch gegenüber China besser behaupten muss als bisher, werden deutlicher. Zu diesem Zweck muss sie auch Fähigkeiten internationaler Solidarität mit Schwächeren entwickeln, insofern und so weit man sich das überhaupt angesichts einer solchen kapitalistischen Machtgruppe, wie die EU eine ist, vorstellen kann.


 

Technischer Hinweis zur Kommentarfunktion auf diesem Blog:

Bitte richten Sie Kommentare, Hinweise, Kritiken und alles Relevante an meine e-mail-Adresse wagrobe@aol.com. Die direkte Kommentarfunktion auf diesem Blog mußte ich, vor längerer Zeit bereits, leider abschalten, weil sie zur Abladung von  Massen von Webmüll mißbraucht wurde, der mit den Beiträgen absolut nichts zu tun hatte.

Ich verspreche jede sachlich irgendwie relevante Zuschrift dann im Anhang zu dem betr. Beitrag zu veröffentlichen, auch wenn sie mit meinen Ansichten garnicht übereinstimmen kann.

 

 

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein abgelegt und mit , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.