Wegen eines dummen Fehlers wurde eine falsche Version des Regierungsvideos „Winter 2o20“ (mit Arno Lehmann) veröffentlicht.
Ich hatte Gelegenheit, die richtige einmal kurz anzusehen, bekam aber leider nicht deren Datei ausgehändigt. Sie soll nicht in die Öffentlichkeit gelangen, sonst könnte der Eindruck entstehen, dass im Gesundheitsministerium Fehler vorkommen. Das Gesundheitsministerium hält daher an der veröffentlichten Fassung fest, obwohl sie mangelhaft ist.
Hier also meine Wiedergabe der eigentlich beabsichtigten Fassung – aus dem Gedächtnis:
Man sieht einen älteren Herren in bequemem Sessel in einem geräumigen Wohnzimmer, Stehlampe mit rötlichem Textilschirm und Kerzenbirnen, im Hintergrund eine Tischlampe mit gelblichem Schirm und Borte, dunkle Möbel im Stil des Gelsenkirchener Barock, eine üppige bodentiefe Fensterdekoration mit einer Riesentroddel – kurz, ein Ambiente, das einem wohlhäbigen Rentner des Jahres 1970 bereits als nostalgisch angestanden hätte (die schönen 1930er Jahre? Auch damals stand die Regel: wir tun, was man von uns verlangt, ja zeitweilig hoch im Kurs) .
Aber es ist 2070 und er spricht zu uns:
Ja, ich erinnere mich, es war der Winter 2020 auf 21, als die meisten von uns endlich einsahen, wie gut es für alle ist, wenn man tut, was von einem verlangt wird.
Ich war damals 22 Jahre alt und studierte Maschinenbau in Chemnitz. Die Regierung verlangte damals wegen einer bestimmten Krankheit in der Bevölkerung – den Namen habe ich vergessen, denn seitdem gab es danach alle paar Jahre wieder so eine Pandemie, aber immer mit neuen Namen –, sie verlangte also, dass wir jungen Leute und überhaupt die meisten Menschen zwei Wochen lang einfach alleine zuhause bleiben und die Zeit auf dem Sofa totschlagen sollten. Das haben wir dann auch meist gemacht, und weil das eigentlich schon eine schöne Erfahrung war, wuchs bei vielen das Vertrauen in die Regierung und das, was dann im Folgenden verlangt wurde.
Wichtig damals waren zum Beispiel die sog. Mobiltelefone, und man konnte dann in den folgenden Jahren immer mehr sog. Apps von der Regierung herunterladen, die das allgemeine Glück stärkten. Mit den Apps wurden die Grunddaten unserer Gesundheit erfasst, zunächst solche wie Blutdruck und Körpertemperatur, später dann auch allgemeine mentale Befindlichkeiten wie Zufriedenheit vs. Beunruhigung, oder auch zu starke Gehirnerregungen, wie sie typischerweise mit Aktivitäten zusammenhingen, für die man damals das Wort “Kritik“ benutzte (heute völlig außer Gebrauch).
Alle diese Daten übermittelten die Apps an das Gesundheitsministerium, und man bekam dann Rückmeldungen von dort, was man tun durfte oder auch nicht, z.B. XYZ treffen, bestimmte Stadtbezirke oder Landesteile meiden, in bestimmten Geschäften einkaufen, am besten gleich bei Amazon….Wenn das Gehirn zu aktiv war, bekam man Warnstufe rot und strikte Isolation verordnet.
In den folgenden Jahren stieg die allgemeine Zufriedenheit deutlich, es gab viel weniger Unruhe in der Bevölkerung, dieser ganze Quatsch hörte langsam auf, den man damals Demonstrationen nannte; aber das war noch lange nicht das Ende der Entwicklung.
Es zeigte sich nämlich, dass viel zuverlässiger garantiert werden konnte, dass alle das taten, was man von ihnen verlangt, und dass die entsprechenden Glücksgefühle viel sicherer und stärker rüberkamen, wenn man die Mobiltelefone durch Gehirnimplantate ersetzte.
Ja, was damals noch neu und umstritten war, ist uns heute selbstverständlich. Auch ich spreche in diesem Moment ja einen Text, der mir in dieser Form per Gehirnimplantat von der Regierung übermittelt wird und so aussieht, als wäre er meine individuelle Stellungnahme.
Statt Weihnachten, diesem gefährlichen und unberechenbaren Zusammentreffen aller möglichen Leute, das heute nur noch in absolut sterilen Formen für bestimmte Sektierer ausnahmsweise erlaubt ist, wird nun einmal im Jahr im Dezember ein weltweites meeting aller Gechipten abgehalten zu Ehren des World Economic Forum und der damaligen Propheten des „new normal“, wie Klaus Schwab, Google, Amazon, Frau Merkel und die Rockefeller Foundation. Dabei werden diejenigen Multimilliardäre, die im jeweils letzten Jahr zu Billionären aufgestiegen sind aufgrund der Verbesserungen des neuen Gesellschaftssystems, persönlich geehrt. Alle singen dann „Joy to the rich“.
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