Ich veröffentliche hier unter dem Namen Walter Grobe meine Ansichten zu politischen Fragen.
Diese website ist nunmehr seit über acht Jahren aktiv und zählt mittlerweile über 400 Beiträge. Manche sind nur kurze Hinweise auf interessante Beiträge Anderer, manche versuchen weiter auszuholen und in relativ ausführlicher Form Problemen näherzukommen.
Die folgenden Bemerkungen ersetzen seit dem 15.12. 2018 den Text, der an dieser Stelle in den letzten Jahren zu lesen und der heutigen Situation zunehmend nicht mehr angemessen war.
Als Schwerpunkte haben sich in der letzten Zeit vor allem internationale Fragen herauskristallisiert, namentlich die Rivalität zwischen den USA und China einerseits und die Frage nach der Rolle und dem Charakter der Europäischen Union auf der anderen Seite. Die Kritik am Kapitalismus, der – in recht unterschiedlichen kulturellen und politischen Umfeldern – in allen drei Blöcken die Agenda bestimmt, die Gesellschaften weiter rasant umkrempelt und im Weltmaßstab soziale und politische Spannungen von ungeahnten Intensitäten erzeugt, muss dabei, meiner Überzeugung nach, im Zentrum stehen.
Ein herausstechender Zug der globalen sozialen Entwicklung ist die weitgehende Paralysierung proletarischer Bestrebungen, wie sie die frühere Linke seit Marx‘ und Engels Zeiten lange Zeit hindurch als entscheidende treibende Kraft des sozialen Fortschritts gesehen hatte. So auch noch einmal die seit etwa 1970 entstandenen, alt-neuen „marxistisch-leninistischen“ Strömungen, in deren Milieu auch ich geprägt wurde.
Die Arbeiterbewegung in den alten Zentren des globalen Kapitalismus, in Europa und den USA, ist etwa seit der Mitte der 70er Jahre immer schwächer geworden, vor allem weil der Kapitalismus durch die Verlagerung großer Teile der Produktion in Länder der früheren kolonialen und halbkolonialen Welt die alten Zentren weitgehend entproletarisiert hat; anders ausgedrückt: deren Proletariat zu erheblichen Teilen abgehängt hat; zu anderen Teilen hat er es – im Weltmaßstab – erheblich privilegiert.
Es ist ein neues sehr großes globales Proletariat entstanden, dessen Handlungsfähigkeit allerdings durch zahlreiche tiefe Spaltungen bis jetzt entscheidend minimiert ist. Es gibt kaum Verbindungen zwischen den Restkontingenten von Industriearbeiterschaften in den reichen Ländern zu den viele hunderte Millionen umfassenden Massen von neuen Proletariern in China, Indien oder anderen vorwiegend ostasiatischen Ländern; und das beruht vor allem auf der elementaren Tatsache, dass der sog. Wohlstand der reichen Länder heutzutage wesentlich von der brutalen Plackerei in diesen relativ neuen und noch wachsenden Ausbeutungszonen des globalen Kapitalismus garantiert wird. Das Interesse, diese internationale Spaltung zwischen unten und oben grundsätzlich anzugreifen, hält sich bei deren Profiteuren, und dazu gehören fast alle Schichten in den reichen Ländern, nun einmal in engen Grenzen.
Was andererseits die hunderte von Millionen chinesischer Arbeiter betrifft, die kompakte Hauptmasse des neuen internationalen Proletariats, so muss man wohl annehmen, dass die Versprechungen der dortigen Machthaber, von Chinas Aufstieg zur neuen Supermacht Nr.1 würden auch sie erheblich mit profitieren, einstweilen noch verfangen.
Die anderen Länder mit erheblicher industrieller Weltmarktproduktion, man nehme als Beispiele Bangladesh, die Philippinen, Mexiko oder andere, sind als Nationen und Staaten im Weltmaßstab dermaßen schwach, dass für sie eine Perspektive wie die Chinas, sich zumindest auf das Niveau eines mittleren Durchschnittseinkommens hochzuarbeiten, von vornherein ausscheidet. Aber getrennt von den Kollegen in China, getrennt untereinander und getrennt von, ja fast im Gegensatz zu den Arbeiterschichten der alten reichen Länder, stehen die Chancen eines Internationalismus, der ihre Lage entscheidend ändern könnte, einstweilen nicht gut.
Verwickelter noch wird die globale Lageeinschätzung, wenn man den Riesenkontinent Afrika einbezieht. Hier eröffnen sich dem internationalen Kapitalismus einschl. des chinesischen noch viel größere Ausbeutungs- und Aussaugungsfelder, als sie bisher wahrgenommen wurden. Groteske Defizite der politischen Strukturen und der kulturellen Voraussetzungen Afrikas begünstigen die Zugriffe der alten und neuen Imperialismen. Gleichzeitig verschärfen sich die imperialistischen Rivalitäten auch im Wettkampf um die führende Rolle bei der Ausbeutung Afrikas.
Wie also sich der globale Kapitalismus der letzten 5 Jahrzehnte und insbesondere seit dem Verschwinden der alten Sowjetunion 1991 und dem Kapitalistisch-Werden Chinas entwickelt hat, so sind die früheren Vorstellungen, wie man zu besseren sozialen Beziehungen kommen könnte, weitgehend entwertet. Die Weltgesellschaft entwickelt sich rasant weiter, Prognosen sind schwierig, neue Formen der progressiven sozialen und politischen Organisierung sind erforderlich, aber noch kaum erkennbar.
Fast sicher jedoch scheint mir, dass die weitere Entwicklung die Gegensätze innerhalb des globalen Kapitalismus weiter hervortreten lässt und diese Gegensätze zu großen Umwälzungen des globalen Gefüges, bspw. zu Kriegen um die Vorherrschaft, und eben auch zu heftigen inneren Auseinandersetzungen sowohl innerhalb der armen, aber sogar auch der reichen Welt führen werden. In diesem idiotischen heutigen Kapitalismus werden alles und Alle in die Warenform gepresst, soll der Profitegoismus sämtliche sozialen Beziehungen formieren – ob demgegenüber bessere soziale Formen sich entwickeln, sich partiell behaupten oder sogar durchsetzen können, darauf muss jedenfalls bei jedem Anlass, bei jeder Gelegenheit geachtet werden.